Baseball:Eine Frage der Chemie

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„Back to the roots“: Martin Helmig (re.), 57, ehemaliger Nationaltrainer und mit elf deutschen Meistertiteln dekoriert, coacht künftig den Baseball-Bayernligisten Garching Atomics – samt Trainingslager bei Rom. Links Co-Trainer Bernhard Greska. (Foto: oh)

Die Garching Atomics, derzeit in der Bayernliga, sind auf dem Sprung in den Leistungssport. 2020 wollen sie in die zweite Liga aufsteigen.

Von Christoph Leischwitz, Garching

Für verrückte Ideen seien sie doch immer zu haben, sagt Vorstand Stefan Sauer, nur ein Beispiel: die Baseballer der Garching Atomics nennen ihre Freizeitmannschaft Garching Isotopes - da muss man erst einmal drauf kommen. Noch verrückter allerdings war die Idee, den ehemaligen Nationaltrainer Martin Helmig zu fragen, ob er nicht für die kommende Saison den Bayernligisten trainieren und anleiten will. Sie war aus der Not geboren, weil im Herbst ein Trainer kurzfristig abgesagt hatte, erzählt Sauer, der in den vergangenen Jahren immer wieder als Trainer eingesprungen war. Helmig, der ab und zu mal beim Training aushalf, sagte tatsächlich Ja zu einem längeren Engagement. Den Kontakt zu Helmig hatte Garchings Co-Trainer Bernhard Greska hergestellt.

"Back to the roots", sagt Helmig dazu, und wohl niemand in Deutschland hat tiefere Baseball-Wurzeln als der gebürtige Mannheimer, dessen Vater in den 1950er Jahren als erster Deutscher einen Profivertrag in den USA erhalten hatte. Als drittes Mitglied wurde er in die deutsche "Hall of Fame" aufgenommen, in die es bislang nur 15 Personen geschafft haben (2006 auch noch Helmigs Vater und dessen Bruder). Er gilt als charismatischer Motivator, der es zwischenzeitlich sogar schaffte, nicht nur die Regensburg Legionäre, sondern zeitgleich auch den EV Regensburg in der Eishockey-Oberliga erfolgreich zu coachen. Die Legionäre holten unter ihm fünf Meisterschaften.

"Da geht es wieder um Baseball und weniger um Politik", sagt der 57-Jährige über seine neue Station. Ende 2018 hatte er sein Engagement bei der Nationalmannschaft beendet. Außerdem sei die Autobahn-Anbindung für ihn, der weiter in der Nähe von Regensburg wohnt, sehr gut. Diese gute Anbindung wiederum hat den Garchingern einen Platz in der Bayernliga-Nordstaffel beschert. Helmig wird ab Mai am Spielfeldrand stehen, wenn seine Mannschaft gegen die Kronach Royals oder die Fürth Pirates spielt. Bis dahin lautet das erste Ziel: den Kader verjüngen. "Es sind schon einige dabei, mit denen man etwas anfangen kann", sagt er über den Kader.

Bei den Atomics haben sie sich eigentlich seit jeher der Jugendarbeit verschrieben. Dazu passte es zuletzt aber gar nicht, dass die erste Mannschaft im Grunde ein Ü-30-Team war. Davon fallen nun viele weg. Gleichzeitig ist zu erwarten, dass Helmig die jungen Spieler deutlich besser macht. Das Saisonziel in der kleinen Bayernliga-Gruppe mit nur vier Teams seien die Playoffs, die sich auch noch über mehrere Wochen hinziehen. Dabei gehe es aber vor allem darum, die Abstiegsrunde zu vermeiden. Ende 2020 würde man dann gerne in die zweite Liga aufsteigen. Auf einigen Schlüsselpositionen müsse man sich dafür noch extern verstärken, sagt Helmig, er sucht aktuell nach einem Pitcher, eventuell auch noch nach weiteren Spielern. Wie erfolgreich man sei, das hänge auch davon ab, "wie engagiert die jungen Spieler sind", sagt der Routinier. Für die Saisonvorbereitung hat er schon einmal ein Trainingslager südlich von Rom organisiert.

Helmig gilt, wenig überraschend, als ein Trainer, der sehr viel von seinen Spielern fordert, deshalb wird viel davon abhängen, ob die Chemie stimmt zwischen der Koryphäe und den reinen Amateuren. Und so stehen die Atomics, die 2017 mit großem Aufwand ihren Platz umgebaut haben, auf dem Sprung vom Breiten- zum Leistungssport. "Die Infrastruktur dafür haben wir schon geschaffen. Aber im Moment will ich noch nicht von der ersten Liga sprechen", sagt Sauer, denn die Lücke dorthin ist im deutschen Baseball enorm groß und allein mit Eigengewächsen nicht zu überbrücken. Aber man sei im Jugendbereich gut genug aufgestellt, um ein Zweitliga-Team dauerhaft mit den hauseigenen Spielern aufzufüllen. Unter der Regie eines Trainers mit elf deutschen Meistertiteln können auch sie sich nun beweisen.

© SZ vom 27.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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