Badminton:Mit Händchen und Hang zur Grübelei

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„Vielleicht wäre es besser, gar nicht nachzudenken“: Julian Edhofer auf seiner Suche nach Beständigkeit. (Foto: Claus Schunk)

Neubibergs Julian Edhofer ist mit 18 Jahren bereits Zweitliga-Stammspieler, derzeit aber noch auf der Suche nach Beständigkeit.

Von Sebastian Hepp, Neubiberg

Gerade hat Julian Edhofer sein Einzel gegen Christopher Ames von Zweitliga-Neuling Marktheidenfeld klar in drei Sätzen verloren, die Enttäuschung steht dem Youngster vom TSV Neubiberg ins Gesicht geschrieben. Wie in Trance vollzieht der 18-Jährige die letzten Ballwechsel der Partie noch einmal nach, trippelt ein Stück nach vorne, dann wieder nach hinten und schwingt sein Badminton-Racket dazu. Zu früh, um ihn jetzt schon anzusprechen. Um zu erfahren, was das Talent des TSV, das seit dieser Saison zu den Stammspielern der ersten Garnitur gehört, besonders auszeichnet und was er noch lernen muss, fragt man ohnehin besser Felix Hoffmann, seinen Mentor, Trainer und immer öfter auch Doppelpartner.

Hoffmann, mit 36 Jahren einer der immer noch erfolgreichen Routiniers im Kader, überlegt länger, ehe er antwortet. "Er muss nur noch aufs Feld bringen, was er kann. Dann kann er drei Klassen besser spielen und auch jetzt schon Gegner schlagen, gegen die er bisher verloren hat." Oft, so Hoffmann, spiele Edhofer noch zu verhalten und könne sich vom Druck noch nicht freimachen. "Wenn ich an meine Anfangszeit in der zweiten Liga denke, dann ging es mir damals genauso." Vielleicht mit einem Unterschied: "Julian braucht manchmal einen Tritt in den Hintern." Dem 1,86 Meter großen Schlaks, einem Linkshänder mit filigranem Händchen, attestiert Hoffmann alle physischen und schlagtechnischen Qualitäten, die man in der zweiten Liga braucht. "Er ist schnell und hat eine gute Übersicht."

Drei seiner sechs Einzel hat Edhofer bislang gewonnen, doch der Anspruch an sich selbst ist ein anderer. Selbst nach Siegen wie im ersten Einzel gegen den starken Dillinger Florian Berchtenbreiter klingt er unzufrieden: Auch der Gegner habe schlecht gespielt, und er habe ja nur knapp im fünften Satz gesiegt. Dass der Schritt von der Regionalliga zur zweiten Liga als groß gilt, lässt er für sich kaum gelten. "Die Gegner in der zweiten Liga sind etwas schneller und sicherer. Aber ich habe schon bei den letzten Jugendturnieren schlecht und ohne Selbstbewusstsein gespielt", sagt er. "Ich denke zurzeit auch außerhalb des Trainings viel darüber nach, warum es nicht läuft. Vielleicht wäre es besser, gar nicht nachzudenken." Dieses Rezept brachte Julian Edhofer unlängst bei den südostdeutschen Meisterschaften der U19 den Titel ein. "Da habe ich im ersten Satz des Finales schlecht gespielt und mir gesagt: Jetzt ist es eh egal, und einfach den Kopf ausgeschaltet. Plötzlich habe ich frei aufgespielt."

An Ehrgeiz fehlt es dem 18-Jährigen, der seit seinem Abitur vom Schuldruck befreit ist und sich nun etwa ein Jahr lang auf nationalen und internationalen Turnieren mit den Besten messen will, jedenfalls nicht. Bei den deutschen U-19-Meisterschaften im kommenden Februar will er den Einzel-Titel holen, eine Woche vorher will er bei den nationalen Titelkämpfen der Erwachsenen in Bielefeld Erfahrung sammeln. Wer da aber meint, für einen Spieler mit seinen Ambitionen sei der Vorstoß in die deutsche Spitze das Minimalziel, der irrt. "Ich möchte einmal ein Erstligaspieler werden", gibt Edhofer, der bereits als Erstklässler von Felix Hoffmann beim FTM München Süd unter seine Fittiche genommen wurde, als Ziel an. Anstatt wie manche Altersgenossen an den Olympiastützpunkten in Saarbrücken oder Mülheim zu trainieren, will Edhofer sein Ziel ohne Einbindung in eine Verbandsstruktur erreichen. "Wenn du nicht schon als Jugendlicher am Nationalstützpunkt warst, dann bist du dort erst mal am Ende der Hackordnung", sagt er. Und dreimal am Tag zu trainieren und dann noch in die Uni zu gehen, das sei "zu viel". Lieber nutzt der derzeitige Praktikant in einer Patentanwaltskanzlei die Freiheiten, die ihm dort für die Ausübung seines Sports eingeräumt werden, um seine Turnierreisen selber zu organisieren und (mit elterlicher Unterstützung) zu finanzieren. Neben den drei Trainingstagen beim Erstligisten TSV Neuhausen-Nymphenburg und am Leistungsstützpunkt Grünwald feilt er noch mit Trainer Hoffmann in Gilching an seinem Spiel. Er müsse "noch beständiger werden", weiß der Einzelspezialist. Zu seinen Stärken zählt Edhofer seine Geduld. "Wenn ich gut in die ersten Ballwechsel komme und nicht ausgekontert werde, kann ich mit meiner Ballsicherheit und meinem Spielverständnis punkten."

Das sollte er sich vielleicht öfter vor Augen halten als seine Niederlagen. An Hoffmanns Seite steuerte er gegen Marktheidenfeld einen Sieg im Doppel zum 4:3 für sein Team bei. Neubiberg, das an diesem Samstag daheim und am Sonntag in Schorndorf antritt, kletterte so auf Platz vier in der Tabelle.

© SZ vom 10.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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