Badminton:In der Nische nichts Neues

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Aufstieg ist derzeit kein Thema: Die Badminton-Zweitligisten Neuhausen und Neubiberg geraten im Kampf um Nachwuchs und Sponsoren ins Hintertreffen.

Sebastian Hepp

Es war ein Prestigeduell zweier Könner aus demselben Land, hatte irgendwie aber auch den Charakter einer Freundschaftspartie. Da reiste der Finne Markus Heikkinen, einzig verbliebener Legionär im Kader des Badminton-Zweitligisten TSVNeubiberg-Ottobrunn, mit dem Flieger von Helsinki nach München an, um im Spitzeneinzel gegen Viernheim auf seinen Landsmann Aki Kananen zu treffen. Kananen ist sein bester Freund und Trauzeuge, beide spielten gemeinsam für den finnischen Verein Tapion Solka und viele Male auch schon gegeneinander.

"In den nächsten Jahren wird es für uns deutlich schwerer": Neubibergs Kapitän Sebastian Strödke (Foto: JOHANNES SIMON)

Über Sieg oder Niederlage entscheidet die Tagesform, diesmal hatte der Linkshänder Heikkinen in einem an taktischen und technischen Finessen reichen Match die Nase vorn: 21:15 und 21:18 lautete das Ergebnis für ihn. Doch kaum hatte Heikkinen den Glückwunsch Kananens entgegengenommen, sah man ihn schon wieder am Spielfeldrand sitzen und mit seinen Mannschaftskollegen im Mixed fiebern.

Die Szene war charakteristisch: Beim Badminton steht der Teamgeist im Vordergrund. Bei aller sportlichen Rivalität geht es meist kameradschaftlich zu, mitunter fast schon familiär. Das ist auch eine Folge des Nischendaseins, Geld gibt es in der Zweiten Liga kaum zu verdienen. Das sportliche Niveau hängt in erster Linie von der Nachwuchsarbeit und der Eigeninitiative in den Vereinen ab.

In Neubiberg ist das mit der Familie Hauber sowie dem langjährigen Sportleiter Trevor Stewart verknüpft, belohnt mit dem Aufstieg in die Zweite Liga vor acht Jahren. Eine Saison mischte man sogar im Oberhaus mit, dabei blieb es aber. Die Zuschauerzahl lag in den Anfangsjahren bei etwa 200 im Schnitt, jetzt sind es noch etwa 50, die ihre Mannschaft, darunter den indischen Nationalspieler Arvind Bhat, unterstützen. Und jetzt? "Es wird immer schwieriger, die Zuschauer bei der Stange zu halten", sagt Michael Hauber, Zweiter Abteilungsleiter des TSV, und blickt auf die spärlich besetzten Ränge beim Heimspiel gegen den Tabellenzweiten Viernheim. "Als Vierter spielen wir momentan weder oben mit noch befinden wir uns in der Abstiegszone. Damit kann man die Leute nicht anlocken", konstatiert er ernüchtert.

Nicht anders ergeht es dem langjährigen Lokalrivalen TSV Neuhausen-Nymphenburg, der nach Abschluss der Hinrunde mit ebenfalls 7:7 Punkten auf Platz fünf steht. Neuhausen behauptet sich ohne Unterbrechung seit 25 Jahren in der zweithöchsten deutschen Spielklasse und hält damit den "Rekord in Deutschland", wie der langjährige, ehemalige Teammanager Herbert Menacher stolz anmerkt. Neuhausen spielte zwar noch nie erstklassig, ist mit altgedienten einheimischen sowie mit ausländischen Kräften wie dem Engländer Neil White, der Weißrussin Vlada Chernjawskaja und deren Landsmann Yauheni Ykauchuk jedoch zu einer festen Größe in der Zweiten Liga geworden. Wie die Neubiberger sind allerdings auch die Neuhauser inzwischen in die Jahre gekommen: Konstantin Dubs und Thomas Nirschl sind 35, Jessica Willems 33, Chernjawskaja 44. Immerhin: Alexandra Langley, Zugang aus England, ist gerade 19 Jahre jung. Auch Neubibergs Kapitän Sebastian Strödke zählt sein Team mittlerweile zu den älteren in der 2. Bundesliga. Der Finanzmathematiker ist 30, die angehende Immobilienfachwirtin Julia Hauber 27, der frisch gebackene Arzt Timo Courage 26 und Offizier Jan Patrick Helmchen 25 Jahre alt. Wie sie geht auch Markus Heikkinen, 31, einem zivilen Beruf nach; er fährt in Helsinki Eiscreme für ein Lkw-Unternehmen aus. "Küken" im Team ist die 22-jährige Medizinstudentin Julia Schmidt. "In den nächsten Jahren wird es für uns deutlich schwerer", meint Strödke mit Blick auf die Ligakonkurrenten. Die Talente aus Fischbach etwa können am Olympiastützpunkt in Saarbrücken trainieren.

Sich mit neuen jungen Kräften zu verstärken, kommt für Neubiberg laut Michael Hauber derzeit nicht in Frage. Vielmehr will man auf das Reservoir guter eigener Stammspieler zurückgreifen. Um einen Kader für den Aufstieg in die 1.Bundesliga zu schmieden, fehlt Neubiberg ohnehin das Geld.

Auch in Neuhausen ist der Aufstieg derzeit kein Thema. Herbert Menacher hat schon viele Vereine erlebt, die nach einem Jahr Erstligazugehörigkeit den höheren Kostenaufwand für Spieler und Flüge nicht mehr bewältigen konnten. Und so ist man in Neuhausen wie in Neubiberg vorerst weiterhin auf die Unterstützung des Hauptvereins sowie kleinerer Sponsoren angewiesen. In München mit seinem großen Sport- und Freizeitangebot sei es schwierig, für die speziell im Fernsehen kaum präsente Sportart Badminton einen Hauptsponsor zu gewinnen, sagt Menacher. "Eine unterklassige Fußballmannschaft ist leichter zu sponsern als ein Zweitligateam im Badminton", sagt Michael Hauber. Die Gage der Spieler in den beiden Münchner Vereinen, die sich am Sonntag, 14 Uhr, in Neuhausen (Stievestr. 15) gegenüberstehen, beschränke sich mehr oder weniger auf eine Aufwandsentschädigung. Neidvoll blickt man gelegentlich auf den "großen Bruder" Tennis, wo es zum Teil schon für Bezirksligaspieler Antrittsprämien gibt. Zum Vergleich: Während bei den USOpen im Tennis 20 Millionen Dollar ausgeschüttet werden, sind es bei den All England Open im Badminton gerade einmal 200000 Dollar.

© SZ vom 03.12.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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