Badminton:Federerleicht ins Abenteuer

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Mit der ukrainischen Spitzenspielerin Natalja Woizech sieht der TSV Neuhausen seiner Bundesliga-Premiere recht entspannt entgegen

Von Sebastian Hepp, München

Man könnte meinen, er spiele Federball, so federleicht wirkt das Tennisspiel von Roger Federer. Auch wenn der Grand-Slam-Rekordsieger kürzlich bei den US Open vom überragenden Kroaten Marin Cilic gestoppt wurde: Die Fans jener Sportart, die der Schweizer bisweilen zu betreiben scheint, könnten durch ihn schon mal auf den Geschmack gekommen sein. An diesem Wochenende beginnt hierzulande die Badmintonsaison, und der TSV Neuhausen-Nymphenburg mischt zum ersten Mal in seiner Vereinsgeschichte in der ersten Bundesliga mit.

Teammanager Philipp Blonck ist Realist, er weiß, dass es für den Neuling aus München äußerst schwer werden wird, sich im Konzert der Großen, sprich von so etablierten Mannschaften wie Bischmisheim oder Lüdinghausen, zu behaupten. "Wir gehen da ganz entspannt heran und machen uns keinen Druck", sagt er. Schon vom Jahresetat her, der bei seinem Team etwa bei 70 000 Euro liege (85 Prozent davon übernimmt der Hauptverein, 15 Prozent Neuhausens Hauptsponsor), könne sein Kader mit den Spitzenteams der Beletage, mit zahlreichen deutschen und ausländische Topspielern, nicht mithalten. "Ihnen stehen rund 150 000 Euro jährlich zur Verfügung", begründet Blonck. Hinzu kommt, dass der TSV seine Zusage eingehalten hat, alle Spielerinnen und Spieler seines jungen Aufstiegskaders auch in der ersten Liga einzusetzen, was ihm fast keinen Spielraum für Neuverpflichtungen lässt. Fast, denn eine Verstärkung für das "Abenteuer erste Liga" (Blonck) kann der TSV nun doch präsentieren: Für Christina Kunzmann, die gerade ein Auslandssemester in China absolviert und erst gegen Ende der Rückrunde wieder zum Kader stoßen wird, hat man die Ukrainerin Natalja Woizech als neue Spitzenspielerin beim Klub an der Stievestraße unter Vertrag genommen. Woizech ist 22 Jahre alt, Profispielerin, steht momentan auf Position 131 in der Weltrangliste und ist meist auf internationalen Turnieren unterwegs.

Verantwortlich für Schlagtechnik und Fitness: Manuel Heumann, 25, hat das Vorbereitungstraining der Neuhauser geleitet. (Foto: Claus Schunk)

Sie soll nicht nur im Einzel, sondern auch im Doppel und Mixed zum Einsatz kommen. Blonck zufolge plant man mit Woizech längerfristig und nicht nur für die Zeit der Abwesenheit von Kunzmann. Und mit noch einer weiteren guten Nachricht kann der Erstligakader aufwarten: Patrik Beier ist von seiner Knieverletzung, die er sich in der Abschlusspartie der vergangenen Saison zugezogen hatte, offenbar wieder vollständig genesen und konnte Blonck zufolge am gesamten Vorbereitungstraining für die Saison teilnehmen. Letzteres hat inzwischen Teammitglied Manuel Heumann übernommen, der seit Anfang Mai neben Schlagtechnik und Matchtraining auch Extraeinheiten zur Optimierung von Fitness und Schnelligkeit eingebaut hat.

Um auch allen Zuschauern Platz zu bieten, hat der TSV Neuhausen für die Heimspiele seiner ersten Garnitur nun eine großzügigere Raumaufteilung in seiner Halle gewählt. So werden die beiden Spielfelder in den Mittelteil der Halle verlegt und außer der Tribüne auch ein Kontingent an Stühlen zur Verfügung gestellt, das die beauftragte Veranstaltungsagentur bei Bedarf kurzfristig aufstocken wird. Sitzplätze für insgesamt rund 300 Zuschauer sollen durch diese Maßnahmen bereitgestellt werden. Speziell vom ersten Heimspiel am kommenden Dienstag, 16. September, gegen den oberbayerischen Konkurrenten Rosenheim (Beginn 19 Uhr) erwartet man sich eine hohe Zuschauerresonanz. Doch so gut der TSV für die erste Liga auch gerüstet ist: Nach Einschätzung von Blonck dürften sein Team, der SV Fun-Ball Dortelweil und Rosenheim die beiden Absteiger unter sich ausmachen. Dass Rosenheim als Vorletzter und sogar Dortelweil als weit abgeschlagenes Tabellenschlusslicht vergangene Saison am Ende doch die Klasse halten konnten, hatte zwei Gründe: Der Gruppenerste aus der zweiten Liga Nord verzichtete auf sein Aufstiegsrecht, und der mehrmalige deutsche Mannschaftsmeister EBT Berlin zog sich unter anderem wegen der hohen finanziellen Belastung aus der ersten Bundesliga zurück. Für Neuhausen dürfte sich der Aufwand zumindest in Grenzen halten, denn der Deutsche Badminton Verband (DBV) hat seine Spielpläne inzwischen geändert und nun auch in der ersten Liga reine Heimspielwochenenden angesetzt. Das dürfte die Reisekasse des TSV spürbar entlasten. Der Ligaauftakt an diesem Sonntag um 14 Uhr auswärts gegen Dortelweil wird für Neuhausen bereits so etwas wie eine wichtige Standortbestimmung werden. Blonck sieht beide Mannschaften "etwa auf Augenhöhe", der bessere Saisonstart werde wohl den Ausschlag geben.

Klarer Favorit auf den deutschen Meister titel ist für ihn der 1. BC Bischmisheim, der neben dem deutschen Doppelmeister Michael Fuchs nun auch den nationalen Einzelmeister und Weltranglistenzwölften Marcel Reuter verpflichtet hat.

Und wenn es mit dem Klassenerhalt für Neuhausen nichts werden sollte? Dann geht die Welt sicher nicht unter und der ein oder andere Spieler hätte immerhin noch die Möglichkeit, zum Tennis überzuwechseln. Dort sind die Bälle zwar deutlich schwerer, aber in Zeiten der drückenden Dominanz von Grundlinienspielern sind reine Volleyspezialisten sicher sehr gefragt.

© SZ vom 13.09.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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