Badminton:Ein kleines Stückchen McEnroe

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Tempowechsel: Nachwuchsmann Benjamin Dierks muss sich noch an das Niveau der zweiten Liga gewöhnen. Vor allem aber will er Spaß haben. (Foto: Claus Schunk)

Die Talente des Badminton-Zweitligisten Neubiberg sind bisweilen noch zu brav - auch bei den Niederlagen gegen Dillingen und Friedrichshafen.

Von Sebastian Hepp, Neubiberg

Die jungen Wilden - so werden im Sport jene Newcomer aus den Nachwuchsreihen genannt, die sich anschicken, ohne Respekt vor den Etablierten die Weltrangliste zu stürmen, und die es manchmal zwar an gepflegten Umgangsformen, nie aber an Selbstbewusstsein fehlen lassen. Im Tennis fallen einem auf Anhieb der frühe John McEnroe ein, später der Kroate Goran Ivanisevic oder aktuell der Australier Nick Kyrgios. Im Badminton ist es etwas schwieriger: Richtig rotzfreche Typen tauchen da seltener auf. Vor Jahren passte in der zweiten Bundesliga am ehesten noch der Finne Ville Lang in dieses Schema.

Lang verstärkte eine Zeit lang den Kader des TSV Neubiberg/Ottobrunn und konnte als Youngster herrlich arrogant auftreten. So setzte er seine gefühlvollen Stopps mit solch aufreizender Lässigkeit, dass seine Gegner sich davon oft provozieren ließen und aus dem Konzept gerieten. So ein Spieler fehlt heute in den Reihen des TSV. Gott sei Dank, werden vielleicht viele sagen, denn in Lucas Böhnisch, Julian Edhofer und Benjamin Dierks verfügt der Zweitligist über junge Eigengewächse, die talentiert, teamorientiert und auch sonst in jeder Hinsicht vorzeigbar sind. Und doch: Eine Scheibe von Langs oder McEnroes Ego sollten sie sich vielleicht abschneiden.

Das Restprogramm ist hart, es könnte den Tabellenfünften noch in Abstiegsnot bringen

Deutlich wurde dies wieder am vergangenen Wochenende. Da traf Edhofer im Heimspiel am Sonntag gegen den TV Dillingen (3:4) im ersten Einzel auf den ausgefuchsten Florian Berchtenbreiter. Obwohl der 18-jährige, 1,86 Meter große Linkshänder Edhofer alles mitbringt, was einen guten Spieler ausmacht - technisch ausgereifte Schläge, Schnelligkeit, Sprungkraft und eine gute Übersicht -, hatte er gegen den Dillinger mit 9:11, 2:11 und 9:11 das Nachsehen. Berchtenbreiter tänzelte und schickte seinen Gegner ziemlich herum auf dem Court, seine Ausstrahlung war die eines Siegers. Edhofer agierte eher verhalten, quittierte Punktverluste bald mit hängenden Schultern und bäumte sich nicht wirklich gegen die drohende Niederlage auf. Auch die Tipps von Trevor Stewart, dem langjährigen Betreuer des Neubiberger Bundesligateams, halfen nicht mehr, irgendwann fügte sich Edhofer in die Niederlage. "Julian hat viel Talent, aber er bräuchte mal eine längere Phase mit hartem, konsequentem Training", merkte Stewart kritisch an. "Und er müsste lernen, zu kämpfen", fügte er hinzu.

"Jugend forsch", dieses Motto täte auch Benjamin Dierks, dem Noch-Stammspieler des Neubiberger Regionalligateams, gut. Der 21-Jährige, der in Landshut Automobilwirtschaft und Technik studiert, schnuppert seit kurzem aushilfsweise Zweitligaluft. Im zweiten Doppel verfehlte er an der Seite von Lucas Böhnisch, seinem langjährigen Doppelpartner aus Jugendzeiten, den Sieg gegen das Dillinger Gespann Güttinger/Teuber nur hauchdünn mit 9:11 im fünften Satz. Tags zuvor beim Auswärtsspiel gegen Friedrichshafen (2:5) hatte er mit Edhofer das Match gegen die Paarung Arenz/Bühler in fünf Durchgängen knapp für sich entschieden. "In der zweiten Liga ist das Tempo deutlich höher als in der Regionalliga", konstatierte Dierks. Auch der groß gewachsene Schlaks bringt das nötige Talent mit, wenngleich er, wie er einräumt, seine Reaktionsschnelligkeit verbessern muss. Im Doppel spielt er deshalb meist nicht vorne am Netz, sondern deckt die hintere Hälfte des Courts ab. Den Wunsch, Stammspieler in der ersten Garnitur zu werden, hat Dierks ohne Frage, aber in erster Linie möchte er "Spaß beim Badminton haben". Das ist ihm nicht zu verdenken, aber vielleicht auch eine Spur zu nett und bescheiden, um - wenn es in der zweiten Liga hart auf hart kommt - wirklich bestehen zu können. Das könnte bald der Fall sein, denn durch die beiden Niederlagen vom Wochenende ist der TSV auf Platz fünf abgerutscht, und das Restprogramm könnte ihn noch in Abstiegsnot bringen. Gut, dass der TSV auch noch auf Routiniers wie Felix Hoffmann und den im Team bereits etablierten Nachwuchsmann Lucas Böhnisch zurückgreifen kann. Der ist normalerweise ein Punktegarant. Nur gegen Friedrichshafen (Niederlagen im Doppel und Mixed) erwischte er einen rabenschwarzen Tag.

© SZ vom 20.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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