Badminton:Aus der Schockstarre gelöst

Lesezeit: 2 min

Pausierte 13 Monate wegen eines Knochenmarködems: Die einstige Weltranglisten-57. Elisabeth Baldauf. (Foto: Anke Luetticke; Anke Lütticke / oh)

Nach langer Leidensgeschichte kehrt die frühere Weltranglisten-57. Elisabeth Baldauf in Neuhausen langsam auf den Badminton-Court zurück - zugleich ist sie gerade aus Österreichs Nationalteam geflogen.

Von Sebastian Hepp, München

Elisabeth Baldauf sitzt auf einer Bank abseits des Badminton-Courts, den Kopf zwischen den Händen vergraben. Minutenlang, wie in Schockstarre. Gerade hat die Neuhauserin an der Seite ihrer Partnerin Kaja Stankovic ihr Doppel gegen Lauren Smith und Luise Heim vom 1. BC Beuel in drei klaren Sätzen verloren, 7:11, 5:11 und 7:11. Auch Stankovic, die sich inzwischen zu ihr gesetzt und ein paar aufmunternde Worte gesprochen hat, vermag Baldauf jetzt nicht zu trösten. Wenig später müssen sich auch ihre Teamkollegen Fabian Holzer und Przemyslaw Szydlowski im ersten Herrendoppel dieser Bundesligapartie dem Duo Weißkirchen/Dewalkar geschlagen geben, wenn auch erst nach fünf Sätzen. Der TSV liegt gegen den Tabellenzweiten Beuel nun mit 0:2 zurück. Verlieren macht einsam, oder sollte man besser sagen: Verlierer suchen die Einsamkeit?

Baldaufs Gesicht jedenfalls will aus der schützenden Mulde ihrer Hände gar nicht mehr auftauchen, kurz darauf verschwindet ihr Kopf gänzlich unter der Kapuze ihres Sweatshirts, das sie sich übergestreift hat. Sie habe zu viele leichte Fehler gemacht, wird die 27-Jährige später konstatieren, ohne ihrer Partnerin auch nur andeutungsweise eine Mitschuld an der Niederlage zu geben. Es sind die Ansprüche der Österreicherin an sich selbst, hinter denen ihr Leistungsvermögen derzeit noch deutlich zurückbleibt.

Weil die beste Österreicherin aus Wien zurück in die Heimat zieht, fliegt sie aus dem Nationalkader

13 Monate lang war die Teilnehmerin der Spiele von Rio wegen eines Knochenmarködems am Kahnbein außer Gefecht. Wegen dieser "schlecht durchbluteten Stelle am Fuß" (Baldauf) zog sich der Heilungsprozess so lange hin. Erst mit Beginn der Rückrunde kehrte sie zurück, gegen Beuel absolvierte sie ihren dritten Spieltag. "Ich konnte bisher schmerzfrei spielen, aber ich musste mir speziell im Doppel etwas andere Laufwege angewöhnen", berichtet sie.

Baldauf hat keine leichten Zeiten hinter sich. Sechs Wochen lang ging sie auf Krücken, bevor sie wieder mit dem Lauftraining beginnen konnte. Nach den ersten Einheiten auf dem Court tat ihr bald der Fuß wieder weh, es folgten weitere Versuche und Rückfälle - auch neben dem Feld. Denn kürzlich wurde Baldauf, die als beste Österreicherin dem Nationalteam angehörte, aus dem dortigen Kader gestrichen. Nicht etwa wegen ihrer Verletzung, wie sie betont. "Sondern weil ich kurz vor Weihnachten nach Dornbirn gezogen bin und meinen Trainingsschwerpunkt wieder in die Heimat verlagert habe", sagt Baldauf. Zuvor hatte die im Dorf Egg in Vorarlberg Geborene neun Jahre lang in Wien gewohnt und trainiert. Mit dem Umzug fiel sie nun auch aus der Verbandsförderung.

Baldauf, die einstige Weltranglisten-57. im Einzel, die nur noch auf Fördermittel des Bundeslandes Vorarlberg zurückgreifen kann, steht sportlich und auch beruflich vor neuen Herausforderungen. Ihr langjähriger Mixedpartner und Landsmann David Obernosterer, mit dem sie vor etwa zwei Jahren zum TSV Neuhausen gewechselt war, musste seine Laufbahn wegen einer chronischen Hüftverletzung inzwischen aufgeben. Bei den in zwei Wochen beginnenden österreichischen Meisterschaften in Feldkirch will Baldauf in allen drei Disziplinen antreten und wieder Matchpraxis sammeln. Ob Baldauf, die kurz vor dem Abschluss ihres Lehramtsstudiums (Mathematik und Sport) in Wien steht, als Profi ihr Geld verdienen oder ihrem erlernten Beruf nachgehen wird, hängt nicht zuletzt vom weiteren Heilungsverlauf ihres Fußes ab. Priorität hat für sie aber zunächst die Ligarunde beim TSV Neuhausen. Und der Nichtabstieg.

Gegen Beuel konnte sie sich in dieser Hinsicht doch noch freuen: Über den Erfolg der Ukrainerin Natalya Voytsekh gegen die deutsche Meisterin Luise Heim, den Abbruchsieg Tobias Wadenkas gegen den vielfachen deutschen Meister Marc Zwiebler - und den Punkt, den der TSV trotz des 3:4 ergatterte, und der den Letzten am Leben hält.

© SZ vom 23.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: