Actionsport:Wider das Windfähnchen

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Das Extremsport-Festival Munich Mash nimmt die BMX Spine Ramp neu ins Programm - auch weil ihr Vorgänger viel zu wetteranfällig war.

Von Christopher Meltzer

Es ist nicht leicht, Frank Seipp ins Staunen zu bringen. Die Arbeit mit dem Extremsport hat den Eventplaner abgehärtet. Wann immer aber die Mountainbiker des Actionsport-Festivals Munich Mash in den letzten drei Jahren ihre Flugshow im Münchner Olympiapark abgezogen haben, hat auch Seipp, gemeinsam mit vielen Tausend Zuschauern, gestaunt. Über die Strecke, eine knapp 250 Meter lange Lehmpiste, die sich vom Olympiastadion hinunterschlängelte zum künstlichen See; über die Rampen, Kicker und Kurven, die dem Kurs den höchsten Schwierigkeitsgrad verliehen; und natürlich über die Mountainbiker, die dem Publikum auf der ohnehin schon wilden Fahrt noch spektakuläre Salti und Schrauben vorführten.

Erst in diesen Tagen hat Seipp noch mal betont: "Es war spektakulär und toll." Doch dann ergänzte der Cheforganisator des Munich Mash eine Bemerkung, die einen anderen Blick gibt auf den Mountainbike-Slopestyle-Wettbewerb. Seipp sagte: "Es war spektakulär und toll, wenn denn gefahren werden konnte."

Um den Start der abenteuerlichen Abfahrt zu garantieren, musste das Wetter nämlich stets mitspielen. Diese Unsicherheit plagte die Macher des Mash seit dem Juni 2014, als sie ihr Drei-Tage-Festival erstmals veranstalteten. Die Mountainbiker rasten schon damals durch den Park. Weil die Besucher sich ihre tollkühne Show kostenlos anschauen durften, entwickelte sich das Slopestyle-Event schnell zur Hauptattraktion. Das stürzte die Organisatoren in einen Konflikt: Was tun mit einem Wettbewerb, der mehr Besucher in den Park lockt als jeder andere, aber eben furchtbar unzuverlässig sein kann?

Dieser Konflikt spitzte sich im vergangenen Jahr zu. Als am Samstag Dauerregen einsetzte, waren die Veranstalter gezwungen, den Finalwettkampf auf Sonntag zu verlegen. Der Regen stoppte schließlich, doch blies der Wind plötzlich, was den Start am Sonntag um weitere zwei Stunden verspätete. "Es gab immer ein Problem", sagt Seipp. "Es war einfach sehr schwierig umzusetzen."

Es war dann auch die Nacht von Samstag auf Sonntag, als die Mash-Crew das erste Mal ernsthaft an ihrer Hauptattraktion zweifelte. Denn nicht nur strapazierte die Verzögerung die Geduld des Publikums, sondern auch die Sendezeiten der übertragenden Fernsehpartner. "Sobald sich ein Windfähnchen bewegt hat, war sofort Startstopp", sagt Seipp. "Wir hätten komplette Windstille gebraucht. Das ist fast unmöglich."

Schon 2015, dem Jahr der zweiten Mash-Ausgabe, herrschten grenzwertige Bedingungen. Damals tobte ein Wind, der selbst die coolen Mountainbiker einschüchterte. Sam Pilgrim, ein Draufgänger aus der englischen Stadt Colchester, dessen Furchtlosigkeit sich in einer fetten Zahnlücke ausdrückt, beschrieb den Wind als "crazy". In jenem Wettkampf stürzte der Deutsche Amir Kabbani gleich nach dem Sprung vom mehr als 15 Meter hohen Startturm - und musste mit gebrochenen Rippen ins Krankenhaus. Ein Unfall unbeeinflusst vom Wind, der die Veranstalter aber weiter sensibilisierte.

Trotz aller Bedenken war es letztlich jedoch eine fremde Entscheidung, die den Mountainbikern ihren Programmplatz kostete. Swatch, der Hauptsponsor des Wettbewerbs, verlängerte den auslaufenden Vertrag nicht. Ohne diesen finanziellen Zuschuss wäre das aufwendige Event aber kaum zu stemmen gewesen.

Jetzt, da sich der Olympiapark vom 23. Juni an wieder in ein Actionsport-Wunderland verwandelt, trauert Frank Seipp der alten Hauptattraktion nicht hinterher. "Wir wollten mal wieder was Neues bieten", sagt der Mash-Planer. "Wir wollen uns weiterentwickeln."

BMX Spine Ramp heißt das neueste Projekt des Munich Mash. Die Verhandlungen, so Seipp, seien schnell abgewickelt worden. Schließlich waren die Jungs mit den Trickfahrrädern schon 2014 und 2015 in München vertreten. Im Gegensatz zu damals verstecken sie sich nun nicht mehr im Olympia-Eisstadion, sondern präsentieren sich mitten auf dem Coubertinplatz. Auch der Stil hat sich verändert. Auf der neuen Rampe fliegen sie öfter und höher durch die Luft.

Einen Qualitätsverlust im Vergleich mit dem beliebten Slopestyle-Event fürchtet Seipp jedenfalls nicht, was auch daran liegt, dass einige der besten BMX-Fahrer der Welt das Teilnehmerfeld schmücken. "Wenn wir etwas ausprobieren", erklärt Seipp, "dann nur, wenn wir sicher sein können, Sport auf Weltniveau bieten zu können."

Da wäre etwa Daniel Dhers, 32, eine BMX-Ikone aus Venezuela, der die X-Games, die Weltspiele des Extremsports, schon fünfmal gewonnen hat. Oder der Tscheche Michael Beran, 27, dessen Tricks in der Szene als besonders innovativ gelten. Auch die deutschen Fahrer Tobias Freigang (Wachtendonk), Timo Schulze (Gelsenkirchen) und Paul Thölen (Viersen) mischen mit.

"Das wird sehr spektakulär", glaubt Seipp, für den der Mountainbike-Slopestlye-Wettbewerb "nicht für immer und ewig" aus dem Programm gepurzelt ist. In diesem Jahr möchte er jedoch einfach mal wieder staunen - ohne besorgt auf das Windfähnchen schielen zu müssen.

© SZ vom 10.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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