3. Liga Fußball:Zum Schönspielen verdammt

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Früher noch als in den Vorjahren nutzen die Gegner Hachings Schwächen aus: den Mangel an Robustheit und Routine. Nach dem 0:3 gegen Stuttgart, nach nur zwei Treffern in sechs Spielen läuft die Suche nach neuen Lösungen

Von Christoph Leischwitz, München

Man könne nicht immer alles mit mangelnder Erfahrung abtun, findet Yannic Thiel. Der Mittelfeldspieler der SpVgg Unterhaching würde sich ansonsten auch schwertun zu erklären, warum es mit dieser jungen Mannschaft ausgerechnet zu Saisonbeginn so gut lief in der dritten Liga. Fest steht erst einmal nur: Zurzeit läuft es überhaupt nicht mehr. Unterhaching rutscht nach einem 0:3 (0:2) am Dienstagabend bei den Stuttgarter Kickers in der Tabelle weiter ab, die Mannschaft hat in den vergangenen sechs Spielen gerade mal zwei Tore geschossen und einen Punkt geholt. Die einzig gute Nachricht an der Niederlage in Reutlingen, wo die Stuttgarter Kickers wegen ihres Stadionumbaus gerade spielen, lautete: sie war verdient. Die Spieler mussten sich diesmal nicht ärgern, sich unter Wert verkauft zu haben.

"Wir haben wieder gut begonnen und an das Spiel gegen den MSV Duisburg angeknüpft. Leider haben wir damit aber Mitte der ersten Halbzeit aufgehört und den Gegner stark gemacht", sagte Trainer Christian Ziege. Prompt fiel in der 31. Minute das erste Gegentor, als Marc Stein nach einem abgefälschten Schuss freistehend abschloss. Nur fünf Minuten später landete ein Kullerball von Randy Edwini-Bonsu ebenfalls im Hachinger Tor. "Der war zehnmal abgefälscht", ärgerte sich Thiel über den aus seiner Sicht unnötigen Treffer.

Nur davor hatte die SpVgg einige gute Möglichkeiten gehabt, Andreas Voglsammer und Markus Schwabl hätten die Führung erzielen können. Doch diesmal war man an einen spielerisch starken Gegner geraten, der nach dem Seitenwechsel alles im Griff hatte und durchaus höher hätte gewinnen können. Das 3:0 durch Besar Halimi (64.) entschied dann eine längst nicht mehr spannende Partie endgültig.

Der Unterhachinger Spielstil ist riskant, das ist Trainer Ziege klar. Ihm fehlen allerdings Alternativen zu diesem Stil. Thiel, trotz eines zwischenzeitlichen Formtiefs einer der wenigen Stammspieler im Team, führt das unter anderem auf fehlende Robustheit und Körpergröße zurück. Geht es nach ihm, ist die Mannschaft quasi zum Schönspielen verdammt. "Darin liegt ja unsere Stärke", sagt er. Zweikampfstarke Spieler, die Bälle halten oder einen Gegner mit ihrer puren physischen Präsenz beeindrucken, hat Unterhaching trotz eines großen Kaders wenige. Stürmer Andreas Voglsammer gehört dazu, in der Defensive Sascha Herröder und Benjamin Schwarz. Geprägt ist der Stil aber von Dribblern wie Alon Abelski oder Konterspielern wie Pascal Köpke. Doch weder Dribbel- noch Konterstärke bringen viel, wenn man in Rückstand liegt.

Aus dem Weg: Andreas Voglsammer (Mitte) und Benjamin Schwarz (hinten) gehören zu den wenigen Hachingern, die auch physische Präsenz ausstrahlen. (Foto: imago/Pressefoto Baumann)

Der 24-jährige Thiel glaubt deshalb, von der gewohnten Marschroute - spielen, spielen, spielen - zwischenzeitlich auch mal abrücken zu müssen, so gut das geht. Auch wenn das dann manchmal nicht schön aussieht. Es gebe bestimmte Phasen im Spiel, zum Beispiel nach einem 0:1, "da sollten wir uns erst mal auf die Defensive konzentrieren". Es fehle oft Abgeklärtheit, gerade deshalb sollte man zum Beispiel nach einem Rückstand "einfach mal die Pille hoch weghauen", anstatt wie sonst zu versuchen, flach herauszuspielen. Denn damit lade man den Gegner ein, inmitten der Hachinger Verunsicherung gleich noch den nächsten Fehler auszunutzen.

Thiels Vorschlag klingt so einfach, dass man sich fragt, warum er bislang so selten umgesetzt wurde. Für seine Auffassung spricht zudem, dass Unterhaching bei Gegentoren selten vorgeführt und ausgespielt wurde, die meisten fielen nach Fehlern im oder unmittelbar vor dem eigenen Strafraum - wie zum Beispiel der 1:1-Ausgleich von Duisburg am vergangenen Freitag in der Nachspielzeit, als Thiel zunächst ein unnötiges Foul beging und der anschließende Freistoß durchaus haltbar ins ferne Ecke flog. Im Übrigen glaubt Thiel, dass der Trainer auch nichts gegen diese Taktik hätte: "Am Ende müssen wir die Punkte holen. Wie, ist egal."

An diesem Samstag empfangen die Unterhachinger den VfL Osnabrück, Thiels ehemaligen Verein. "Ich glaube, die liegen uns besser", schätzt er. In der vergangenen Saison sei dort nicht alles optimal für ihn gelaufen, einiges sei "nicht in Ordnung gewesen", sagt er. Thiel ist jedenfalls hoch motiviert vor diesem Spiel. Und will bestimmt auch mehr zeigen, als nur die Pille hoch wegzuschlagen.

© SZ vom 25.09.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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