3. Liga:Bengalos vor dem Campus

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Nicht zu halten für FC-Bayern-Keeper Lukas Schneller: Baris Atik erzielt per Flachschuss das 1:0 für Magdeburg. (Foto: Eduard Martin/Huebner/Imago)

An ungewohnter Heimspielstätte tut sich der FC Bayern München II schwer gegen die abstiegsbedrohten Gäste aus Magdeburg - die eine ebenso ungewohnte Geräuschkulisse mitgebracht haben.

Von Christoph Leischwitz, München

Solch ein Vorfall kann einen Elfmeterschützen durchaus verunsichern. Der Magdeburger Jürgen Gjasula legte sich in der zweiten Minute der Nachspielzeit den Ball auf den Punkt, er ging ein paar Schritte zurück - und der Ball, angeschoben von einer Windböe, rollte auf ihn zu. Der Magdeburger verwandelte nach dem zweiten Zurechtlegen aber trotzdem souverän, die Gäste gewannen verdient 2:0 (1:0), weil sie sich vor allem den FC Bayern München II gut zurechtgelegt hatten. "Extrem ärgerlich", fand Bayerns Trainer Holger Seitz so einiges an dem Spiel.

Für die jungen Bayern war selten Heimspiel-Atmosphäre aufgekommen in dieser Drittliga-Partie, die an einem ungewöhnlichen Ort stattfand: im Campus-Stadion des Nachwuchses, das eigentlich den Drittliga-Ansprüchen des Deutschen Fußball-Bundes nicht genügt. Weil Sicherheitskonzepte aber in Corona-Zeiten ins Leere laufen und im Grünwalder Stadion der Rasen vollkommen überspielt ist, durfte die U23 diesmal eine Ausnahme machen. Doch schon eine Dreiviertelstunde vor dem Anpfiff wirkte es wie ein Heimspiel für die abstiegsbedrohte Mannschaft aus Sachsen-Anhalt: Da zündete eine beachtlich große Gruppe an Fans, einige sprachen von bis zu 100 Personen, Bengalos vor dem Eingang des Areals.

Der Plan der Bayern war, die eigenen spielerischen Qualitäten auf den ebenen, grünen Rasen zu bringen. In den Anfangsminuten klappte das noch ganz gut. Zumindest gelang es den Bayern da noch in einigen Phasen, den Gegner in dessen Strafraum zu drängen. Gefährlich waren sie vor allem nach den von Angelo Stiller getretenen Standards. Wie nach einem Eckball in der achten Spielminute, der den zwei Meter großen Jamie Lawrence fand. Der Abwehrspieler touchierte mithilfe eines Gegenspielers den Ball zwar nur, doch Magdeburgs Andreas Müller musste auf der Linie stehend klären. Vier Minuten später wurde ein Schuss von Christopher Scott geblockt. Der offensiver als sonst agierende Stiller hatte zuvor den Ball erobert.

Manchmal rauschte es im Stadion, als würde man im Wald stehen; immer dann, wenn eine Windböe die Plastikbezüge auf der Tribüne erfasste, die über die Sitzschalen geklebt waren. Und die vermeintliche Heimmannschaft auf dem Platz sah den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr. Scotts Chance sollte bis zur 89. Minute die letzte bleiben, in der die Bayern aus dem Spiel heraus wirklich gefährlich wurden. "Wir hatten heute viele Offensivkräfte auf dem Platz", sagte Seitz, es habe aber die Zielstrebigkeit gefehlt.

In der 89. Minute ist die Chance zum Ausgleich plötzlich da, doch Dimitri Oberlin bringt den Ball nicht unter Kontrolle

Erstens habe man oft "einen Quer- oder gar Rückpass gespielt", anstatt den konsequenten Abschluss zu suchen. Zweitens, das müsse das Trainerteam aber noch genauer analysieren, hätten die Offensivkräfte wahrscheinlich auch nicht genug dafür getan, regelmäßig anspielbar zu sein. Zusätzlich beschäftige es eben eine so junge Mannschaft, wenn man "mit dem Pausenpfiff das Gegentor bekommt", sagte Seitz. Der Angriff der Magdeburger, der im perfekten Flachschuss von Baris Atik mündete, sah schulbuchmäßig aus. Und war aber doch nur zustande gekommen, weil die Bayern viel zu weit entfernt standen von ihren Gegenspielern (45.).

Die Mannschaft wirkte ratlos, Seitz wurde kreativ. Für die Schlussphase löste er die Dreierkette auf, brachte in Jann-Fiete Arp einen zusätzlichen Stürmer und warf den Mittelfeldspieler Maximilian Welzmüller als Rechtsverteidiger ins Spiel, damit dieser Flanken schlagen konnte. Verdient wäre es zwar nicht mehr gewesen, aber in der 89. Minute war sie plötzlich da, die Chance zum Ausgleich: Ein Schuss von Arp wurde abgefälscht und landete vor den Füßen des ebenfalls eingewechselten Dimitri Oberlin. Oder besser: zwischen seinen Füßen. Der Angreifer bekam die Kugel einen Meter vor dem leeren Tor nicht unter Kontrolle. Zwei Minuten später dann der Elfmeterpfiff auf der anderen Seite.

Zehn Minuten nach Schlusspfiff standen immer noch einige Magdeburger Fans hinter dem Eingangstor. Sie reckten den Funktionären des Vereins, die gerade das Stadion verließen, ihre Schals zu, einer von ihnen machte grinsend dieselbe Geste. In Magdeburg herrscht wieder Hoffnung. Umgekehrt wäre für die Bayern mit einem Sieg der Abstiegskampf so gut wie beendet gewesen. Jetzt geht er mit einem Auswärtsspiel beim SV Meppen weiter.

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