Sound of Munich Now:Aufstrebende Popwunder

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Erlaubt ist, was aufregend klingt - Phonoboy macht Electro-Pop-Punk. (Foto: N/A)

Die Münchner Musikszene ist so lebendig wie schon lange nicht mehr. Gleich 20 unterschiedliche Bands spielen nun beim Festival "Sound of Munich now" am Wochenende im Feierwerk. Musik zum schwofen, schwelgen, schwärmen.

Von Christoph Neder

Es gibt keine "Münchner Schule" - aber das ist auch ganz gut so. Die aktuelle Musikszene der Stadt ist lebendig wie schon lange nicht mehr. Sie präsentiert sich vielfältiger als je zuvor, und so finden die Bands mittlerweile auch weit über die Stadtgrenzen hinaus immer mehr Bewunderer.

Das Festival "Sound of Munich now", veranstaltet vom Feierwerk und der Süddeutschen Zeitung, bringt 20 unterschiedliche Bands zusammen; quer durch alle Genres, die München zu bieten hat. So entsteht der Soundtrack der Stadt: abwechslungsreich, spielerisch, außergewöhnlich - für glückselige Momente nach durchtanzten Club-Abenden oder einen langen Winter vor dem Kamin.

01 Folktronic-Pop

Mal ruhig, mal aufgebracht - auf jeden Fall schillernd und einzigartig. MarieMarie vermag es, mit ihrer E-Harfe perfekte Popsongs zu schreiben: getragen von klassischen Instrumenten, geprägt vom betörenden Gesang, präsentiert als elektronische Disconummern mit tanzbarem Beat.

02 Pop/Indie/Alternative

Ein bisschen Indie, etwas Pop, ein paar Beats und Ohrwürmer in großer Menge: "Wunderkind" haben Hello Gravity großspurig ihr Debüt genannt - und nicht zu viel versprochen. Auch auf ihrem zweiten Album begeistern sie mit ihrem Mix aus Synthie-Sound, Indie-Gitarren und Falsettgesängen. Nach einer Tour durch die USA sowie Konzerten in Paris oder London ist man mittlerweile auch im Ausland vom Talent des Quartetts überzeugt.

03 Indie-Electro

Sparsame Gitarreneinsätze treffen auf verfremdete Geräusche, ins Unendliche geloopt. Thing Kong lieben das Understatement - laut eigener Aussage beherrschen sie ihre Instrumente überhaupt nicht richtig. Und liefern doch perfekten Indie mit verspielten, elektronischen Arrangements.

04 Electro-Pop-Punk

"C'est ma vie" - so selbstbewusst präsentierte sich Phonoboy im Jahr 2005. Das Lied wurde zum ersten Hit des Produzenten und Multiinstrumentalisten Christian Höck. Erlaubt ist, was aufregend klingt - ganz egal ob Punk, New Wave oder Electronica, ob mit französischen oder englischen Texten.

Sie liefern hymnischen Brit-Rock: die Becquerels. (Foto: N/A)

05 Brit-Rock

Hymnischer Brit-Rock, aufgenommen in England, eingespielt mit Vintage-Effektgeräten: Obwohl die Becquerels bewusst auf der Retrowelle reiten, klingt ihr hymnischer Brit-Rock nie unzeitgemäß - sie sparen gezielt elektronische Elemente aus und heben sich dadurch von der aktuellen Musikszene ab.

06 Indie-Folk

Akustische Gitarren, Ukulele, Akkordeon, Trommel, Kinderklavier - klassische Folk-Besetzung, und doch ist bei den Young Chinese Dogs auch immer Rock'n'Roll zu spüren. Lockerer Indie-Folk trifft auf melancholische Ballade. Der ideale Soundtrack für eine bierselige Party. Und jede Wette: Alle feiern mit.

07 Folk-Pop

Melancholisch, doch trotzdem tanzbar kommen die Songs von Soki Green daher. Etwas Folk, etwas Pop, aber auch wummernde Synthesizer gehören zum schillernden Klangspektrum des Trios. Trotz aller Melancholie: Die zärtlichen Songs verströmen immer einen tröstenden Hoffnungsschimmer.

08 Neo-Folk

Singer-Songwriter gibt es viele in München: Die unzähligen kleinen Spielereien und die leicht kratzige Stimme machen den charmanten Neo-Folk von Livy Pear dennoch unverwechselbar. Mal kraftvolle, mal melancholische Songs mit einer gehörigen Menge an wunderbarer Pop-Euphorie.

09 Neo-Disco

Die Rückkehr der Discokugel: Columbus stecken vollkommene Popsongs in ein elektronisches Gewand. Mit analogen Synthesizern aus den Achtziger- und Neunzigerjahren schaffen sie einen Vintage-Clubsound, der perfekt den aktuellen Zeitgeist Münchens einfängt. Und jetzt bitte alle tanzen.

10 Singer-Songwriter

Tausche New York gegen München: Gabriel Miller Phillips hat Brooklyn verlassen, um der Liebe wegen nach Bayern zu ziehen. Hier stand der Songwriter mit der fesselnden Stimme zunächst - musikalisch gesehen - vor dem Nichts. Doch mittlerweile ist sein Dream-Folk fester Bestandteil der Münchner Bandszene geworden.

11 Folk-Pop

Somersault koppelt akustische Instrumente mit Effektgeräten und lässt dabei neuartige Klangwelten entstehen, ohne den Pop-Kosmos zu verlassen. Musik zwischen Melancholie und Hoffnung: eingängig, wehmütig und immer mit der passenden Melodie für die Momente nach Sonnenuntergang.

12 Rotwein-Pop

Jesper Munk klingt nach Whiskey, langen Nächten und zu viel Zigaretten. (Foto: Michael Dorn)

"Dynamische Pop-Hymnen", "hypnotischer Pop-Strudel", "verhangene Pop-Melancholie": Was wurde nicht schon alles über die sanften Melodien, den einprägsamen Gesang und die melancholischen Texte von Cat Sun Flower geschrieben, die mittlerweile seit zwanzig Jahren gemeinsam musizieren. Um es kurz zu machen: Es ist wunderschöner, poppiger Akustik-Folk.

13 Blues

München-Blues: Obwohl Jesper Munk gerade einmal 20 Jahre alt ist, klingt seine Stimme nach Whiskey und langen Nächten mit zu vielen Zigaretten. Kritiker vergleichen ihn mit Jake Bugg und Jeff Buckley und können trotzdem nicht ganz fassen, was Jesper Munk ausmacht - ehrliche Texte, Musik wie aus einer längst vergessenen Zeit sowie eine Stimme, die man so schnell nicht wieder aus dem Kopf bekommt.

14 Swing-Pop

Zirkusmusik - ohne Netz und doppelten Boden. Trallala verknüpfen Trip-Hop mit Klavierpolka und Hip-Hop mit Swing-Elementen. Dazu plätschert ein Synthie, klirrt ein Glockenspiel, kracht ein Beat: Musik wie ein Fellini-Film: traumhaft leicht und trotzdem schwer und drückend.

15 Trip-Hop

Düstere Samples, leise Piano-Klänge - plötzlich setzt eine gefühlvolle, fast schon zerbrechliche Stimme ein. Die Sängerin Tahnee Matthiesen und der Produzent Provo (Boshi San, Edgar Wasser, Manekin Peace) erschaffen ihre eigene Trip-Hop-Welt, angereichert mit Jazzelementen und Hip-Hop-Beats. Die verträumten Songs von Luko klingen zwar immer nach Pathos, aber nie nach Kitsch.

16 Hip-Hop

So ghetto-mäßig hat man München noch nicht gesehen: provokante Reime, apokalyptische Beats und zerrissene Hosen - das ist die Weltuntergäng, ein Hip-Hop-Kollektiv bestehend aus Grasime, Martin Looper King, Ronymo Risiko und D-Fekt. Die Musik erinnert an Deichkind oder Hulk Hodn. Der Name Weltuntergäng ist aber immer Programm: Es geht um Anti-Partys und um Gangster-Lifestyle.

17 Reggae

Sie kennen keine (musikalischen) Grenzen: Jamaram. (Foto: N/A)

Jedes Lied klingt so frisch und leichtfüßig, als ob man gerade am Meer liegt und einen nie mehr endenden Urlaub genießt. Soul, Reggae, Funk, Latin: Für Jamaram gibt es keine Grenzen in ihrer Musik - selbst dann nicht, wenn eine Songidee zuerst nicht in das Konzept einer Reggaeband passt. Und solange die neun Bandmitglieder die Menschen zum Tanzen bringen, haben sie alles richtig gemacht.

18 Brasspunk

Alle Genres werden vermischt, jedes Konzert wird zu einer großen Party. Brasspunk nennen Naked SuperHero ihre Musik - eine Kombination aus Blechblasinstrumenten, punkigen Songs und einem hohen Funk-Anteil. Die sechs Musiker erschaffen Songs, die schon beim ersten Hören mitreißen.

19 Punk

Es ist rohe Energie, und doch schreiben Straightline zielsicher einen Ohrwurm nach dem anderen. Seit einigen Jahren schafft es die Band nun schon, zwischen Punk, Hardcore und Crossover ihre Nische zu finden. Melodiöse Songs entstehen, die erst live ihre volle Wirkung entfalten - und die alle nicht länger als drei Minuten sind.

20 Postrock

Die Musik ist von kompromissloser Direktheit: Klirrende Gitarrenwände treffen auf einen wummernden Bass, das Schlagzeug spielt dazu einen verschobenen Takt. Majmoon ist Band und Kunstprojekt zugleich. Sie spielen Noise- und Postrock - durchdringend, unverfälscht, kraftvoll und jenseits aller Trends.

Das Festival "Sound of Munich now" findet am Samstag, 9. November, im Feierwerk statt. Zwanzig Bands im fliegenden Wechsel gibt es in der H 39 zu bestaunen, die Jubiläumsshow mit acht Bands zum fünfjährigen Bestehen der München-Show findet in der Kranhalle statt. Einlass für beide Veranstaltungen ist um 18 Uhr, der Eintritt ist frei. Es wird empfohlen, früh zu kommen, sonst sind alle Plätze weg.

Schon am Freitag findet im Feierwerk "The Sound of Munic now Electronica" statt. Alle Infos finden Sie hier.

© SZ vom 04.11.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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