Solln:Café Kustermann wird ein Baudenkmal

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Die zuständige Behörde hält das Sollner Wahrzeichen wegen seiner geschichtlichen Bedeutung für schützenswert

Von Jürgen Wolfram, Solln

Auf diese Nachricht haben viele Bewohner und Lokalpolitiker im Münchner Süden sehnsüchtig gewartet: Nach eingehender Prüfung hält das Landesamt für Denkmalpflege den Pavillonbau des ehemaligen Cafés Kustermann für schützenswert und empfiehlt seinen Eintrag in die Denkmalliste der Landeshauptstadt. Der Bezirksausschuss feiert diesen "großen Erfolg" als Ergebnis vor allem seiner eigenen Bemühungen um den Erhalt des Ladengebäudes an der Ecke Wolfratshauser und Frans-Hals-Straße. Es soll nach gründlicher Sanierung von der Bäckerei und Konditorei Reis geführt werden, die in Solln und Forstenried bereits zwei Niederlassungen unterhält.

Derzeit dient der erdgeschossige Bau als Informationsbüro der Bauherren des geplanten Ensembles "Karree Kustermann", zu dem der Pavillon gehört. Im Umgriff des einstigen Kaffee- und Kuchentreffs hat der Abrissbagger bei der Beseitigung maroder Nachbarbauten bereits ganze Arbeit geleistet - was den 1951 errichteten, 1956 erweiterten Pavillon nur noch mehr als Solitär erscheinen lässt.

Das Landesamt für Denkmalpflege attestiert dem Gebäude an der Wolfratshauser Straße 224 "geschichtliche Bedeutung". So sei der Ladenbau "ein sichtbares Zeichen für das starke Wachstum von Solln nach dem Zweiten Weltkrieg". Als "Bestandteil der Nahversorgung der Anwohner" lasse er mit seiner Architektursprache der 1950er Jahre die Phase der stürmischen Entwicklung erkennen. Die Denkmalschützer schreiben dem Pavillon überdies künstlerische Bedeutung zu. Mit der halbrunden, verglasten Stirnfassade und dem scheinbaren Flachdach zeige sich ein Anknüpfen an die Architektur der Zwanzigerjahre. Große Fensteröffnungen und weite Verglasungen seien gleichfalls Kennzeichen der Architektur jener Zeit.

In der frühen Nachkriegszeit sei das Bauen "deutlich mit dem Ziel verbunden" gewesen, die Architektur der NS-Diktatur zu überwinden und an demokratische Traditionen anzuknüpfen. Diese Auffassung sei für die Entwicklung der modernen Architektur nach 1945 als "sehr wesentlicher Ausgangspunkt zu werten", kommentiert das Landesamt die Causa Kustermann. Der Entwurf für den eleganten Ladenbau stammt vom Architekten Ludwig Reiber, Vater der TV-Moderatorin Carolin Reiber.

Für die Rettung des schmucken Sollner Wahrzeichens haben sich in den vergangenen Jahren viele Bürger und Kommunalpolitiker stark gemacht. Ihnen ging es nicht zuletzt darum, eine Insel der Kommunikation in Zeiten raschen städtebaulichen Wandels zu bewahren. Dem früheren Pächter, Konditormeister Thomas Ritz, bescheinigten viele Kunden zudem eine hohe Qualität seiner Backwaren. Die Bäckerei Reis, die demnächst übernimmt, genießt in Solln ebenfalls einen ausgezeichneten Ruf. Ende gut, alles gut? Ein Problem bleibt zu lösen: die Anordnung der Parkplätze am Kustermann-Bau. Dazu hat die Stadtverwaltung ihre Meinungsbildung noch nicht abgeschlossen.

© SZ vom 18.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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