Skateboard:Punkte für Tokio

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Kopfüber zum Titel: In Deutschland ist Tyler Edtmayer in der Disziplin Park das Maß der Dinge. (Foto: Moritz Müller/imago)

Der 18-jährige Lenggrieser Tyler Edtmayer verteidigt seinen deutschen Meistertitel in der Disziplin Park. Kommenden Montag beginnt die WM in Brasilien, das übergeordnete Ziel sind aber die Olympischen Spiele 2020.

Von Ralf Tögel, Lenggries

Klar nimmt sich Tyler Edtmayer ein paar Minuten, schließlich bleibt ja noch etwas Zeit bis zum Abflug nach Brasilien. "Ich fliege morgen", sagt er, denkt kurz nach, "nein, stimmt gar nicht, heute noch." Kein Wunder, dass der 18-Jährige ein bisschen durcheinander kommt, der Lenggrieser hat aktuell ganz schön viel um die Ohren. "Ich war in den letzten drei Monaten etwa eine Woche zu Hause", sagt er, nun stehen für Deutschlands besten Skateboarder die Weltmeisterschaften in São Paulo an. Aus der Ruhe bringt Edtmayer so schnell nichts, das hat er gerade am vergangenen Wochenende wieder bewiesen, als er erfolgreich seinen deutschen Meistertitel in Düsseldorf verteidigt hat: Der entscheidende Lauf zum Sieg in der Disziplin Park, die 2020 in Tokio erstmals olympisch sein wird, gelang ihm im allerletzten Run des Wettbewerbs.

Mann ohne Nerven: Erst im allerletzten Lauf gelingt dem Titelverteidiger der Sieg

Nun gilt sein Fokus der WM in Brasilien. Nach der Ankunft hat er eine Woche Zeit, um sich zu akklimatisieren, um den Parcours kennenzulernen. Die Weltmeisterschaft ist die Topveranstaltung des Jahres, das indes schon einige Highlights geboten hat: Das Extremsportfestival Mash in München Ende Juni etwa, bei dem er als einziger Deutscher das Finale der letzten Acht erreichte und den Wettbewerb als starker Sechster beendete. "Das war schon cool, dort ins Finale zu kommen", sagt er, mehr sei allerdings im Feld der Weltklasse-Skateboarder nicht drin gewesen. Bei der Weltmeisterschaft in Brasilien ist das Semifinale primäres Ziel, erklärt Edtmayer, danach müsse man sehen. Wobei er den Einzug in das Finale kaum für möglich hält, "da kommt man schwer hin, wenn man nicht sein ganzes Leben lang dafür arbeitet". Wie die Konkurrenten aus den USA etwa, die den Sport dominieren, auch die Brasilianer zählen traditionell zu den Besten. Sich selbst bezeichnet Edtmayer nicht als Profi. Kürzlich hat er den Realschulabschluss gemacht, später will er auf die Fachoberschule gehen. Momentan aber macht er Pause für das Skateboarden, denn das alles überstrahlende Ziel sind die Olympischen Spiele in Tokio im kommenden Sommer.

In Deutschland ist der 18-jährige Lenggrieser das Maß der Dinge in der Park-Disziplin, bei der Halfpipes, Pools und Rampen mit hohem Gefälle und teilweise kurzen Beschleunigungswegen für die Tricks benutzt werden. Die Sprünge fallen dadurch höher aus als beim Street-Skateboarding, die Geschwindigkeit ist meist durchweg rasant. Am ersten Tag lief es für Edtmayer noch nach Wunsch, er war der erste Starter und setzte sofort die Duftmarke: "Ich habe gleich etwas angeboten, ohne zu viel zu zeigen", erzählt Edtmayer. Das Dargebotene war dennoch genug, um die Qualifikation zu gewinnen. Das war der Plan, denn im Finale wird in umgekehrter Reihenfolge gestartet, so durfte der Lenggrieser immer als Letzter aufs Brett. Drei Läufe hatten die Starter, um die Jury von ihrem Können zu überzeugen, doch am Sonntag lief es zunächst nicht wie geplant. "Ich hatte ein paar Bails", sagt Edtmayer. So nenen es die Skater, wenn sie einen Trick abbrechen müssen oder nicht hinbekommen. Also führten die Nationalmannschaftskollegen Omar Zoref und Lenny Jannsen nach den ersten beiden Läufen, ehe sich Jannsen mit seinem letzten Lauf an die Spitze setzte. "Das war schon nervenaufreibend", beschreibt Edtmayer den Moment, als er zum letzten Run anfuhr. Und er wurde seiner Favoritenrolle gerecht. Der 18-Jährige zeigte einen sauberen, mit Schwierigkeiten gespickten Lauf zum neuerlichen Titelgewinn vor Jannsen und Zoref - ein Ergebnis, das dem nationalen Leistungsstand entspricht.

Der Titel hat Edtmayer wichtige Punkte für die Olympia-Qualifikation gebracht, weitere sollen in São Paulo hinzukommen. Dafür jettet und skatet der Lenggrieser rund um den Erdball. Die Chancen für einen Start in Tokio könnten besser nicht sein. "Es steht sehr gut", sagt Edtmayer, entsprechend relaxt ist er in den Flieger nach Brasilien gestiegen. "Am Freitag geht es los", sagt er, "glaube ich jedenfalls." Ist ja auch egal, die einwöchige WM beginnt zwar erst am Montag, aber in diesen spannenden Zeiten darf man schon mal ein bisschen durcheinander kommen.

© SZ vom 03.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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