Siedlung Ludwigsfeld:Hoffen auf den Staatsanwalt

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In der Siedlung Ludwigsfeld soll Massengrab mit NS-Opfern liegen

Von Helmut Zeller, Siedlung Ludwigsfeld

Auf dem Gelände des ehemaligen Dachauer KZ-Außenlagers Allach, in der Siedlung Ludwigsfeld, liegt möglicherweise ein Massengrab - aber die Stadt München unternahm bisher keinen Schritt zur Aufklärung. Jetzt hat die Lagergemeinschaft Dachau, der Zusammenschluss ehemaliger KZ-Häftlinge, auf einen SZ-Bericht reagiert und bei der Staatsanwaltschaft München I eine Strafanzeige wegen des Verdachts auf Störung der Totenruhe gestellt. Schon vor zwei Jahren hat der Stadtteilhistoriker Klaus Mai Belege für ein Massengrab von Holocaust-Opfern vorgelegt. Letztlich kann jedoch nur eine Grabung Gewissheit bringen.

Max Mannheimer, Präsident der Lagergemeinschaft und Vizepräsident des Comité International de Dachau (CID), war selbst drei Monate lang Häftling im KZ-Außenlagerkomplex Allach. "Es ist völlig unverständlich und respektlos gegenüber den Toten, dass seit Jahren diskutiert und gestritten wird, aber nichts geschieht", sagt der 95-Jährige. Er hofft, dass nun Bewegung in die Sache kommt. Die Staatsanwaltschaft München I wird nun prüfen, ob ein Anfangsverdacht auf eine Straftat besteht, wie ein Behördensprecher der SZ sagte. Davon hängt es ab, ob Ermittlungen aufgenommen werden. Die Dokumentation des Stadtteilhistorikers Klaus Mai, Mitglied der Lagergemeinschaft, legt das jedenfalls nahe.

Klaus Mai vermutet anhand von Luftbildaufnahmen der Alliierten, Archivunterlagen sowie Aussagen Überlebender auf dem früheren Liebel-Areal an der Granatstraße die sterblichen Überreste von vielleicht 300 Menschen, jüdische KZ-Häftlinge und andere, die zur Zwangsarbeit für die Firma BMW gepresst wurden. Die Sterblichkeit unter den Häftlingen war sehr hoch. Die Toten wurden in das Krematorium des KZ Dachau gebracht. In den letzten Wochen vor der Befreiung des KZ Dachau am 29. April 1945 waren die Krematorien überlastet. Die Toten wurden im Außenlager verscharrt.

Offenbar tun sich noch heute Kommunalpolitiker schwer mit der Vergangenheit. Allach war das einzige KZ im Stadtgebiet, und man will sich Mai zufolge nicht mit der Wahrheit konfrontieren, dass der Holocaust auch auf Münchner Boden stattfand. Mai hofft, dass die Strafanzeige nun die Angelegenheit beschleunigen könnte. Mannheimer sagt: "Die Vorstellung, dass Tote unter einem Haufen Müll liegen, ist unerträglich." Das Liebel-Areal wird heute als Schrott- und Lagerplatz verwendet. Auf dem Grundstück wohnen auch Menschen in Containern, und es werden Autorennen veranstaltet, wie Mai sagt. Er hat der Lokalbaukommission seine Unterlagen überlassen. Die Behörde führt einen Rechtsstreit mit dem Eigentümer. Er hat geklagt, weil ihm die Lokalbaukommission die ungenehmigte Nutzung untersagte.

© SZ vom 02.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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