Sendling:Wider die Natur

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Prosit: Auch am Schindlerstadl kostet ein Bier bares Geld. (Foto: Robert Haas)

Der Geldautomat am Schinderstadl treibt den Bezirksausschuss aus Angst vor Kommerzialisierung auf die Palme

Von Birgit Lotze, Sendling

Beim Schinderstadl, einer kleinen Wirtschaft, eigentlich einem Kiosk direkt am Flaucher, steht seit etwa fünf Monaten ein Geldautomat. Der Schinderstadlbetreiber, die Haberl Gastronomie, hat einen entsprechenden Antrag an die Stadt gestellt und vermutlich nicht mit Widerstand gerechnet. Während die Stadt dem Antrag bereits vor Monaten zugestimmt hat, will nun der Bezirksausschuss etwas gegen den Geldautomaten unternehmen. Denn dieser leiste einer Kommerzialisierung des Flaucher Vorschub, hieß es in der Sitzung des Bezirksausschusses - und die wolle man in Sendling verhindern: "Ein Automat an dieser Stelle ist das falsche Signal." Mit Ausnahme des Vertreters der FDP sprachen sich alle Stadtteilpolitiker dafür aus, das Baureferat zum Widerruf des Einverständnisses zu bewegen.

Um die Kunden zügig zu bedienen, sei angesichts der meist geringen Beträge beim Bezahlen eine Abrechnung über EC- oder Kreditkarte kaum möglich, hatte die Haberl Gastronomie argumentiert. Deshalb sollten die Gäste die Möglichkeit erhalten, sich am Kiosk mit Bargeld zu versorgen. Am Chinesischen Turm - auch dort betreibt das Unternehmen die Gastronomie - habe man damit gute Erfahrungen gemacht.

Im Baureferat, Abteilung Gartenbau, findet man die Argumentation des Betreibers schlüssig, dem Vorhaben stünden keine öffentlichen Belange entgegen. Der Automat stelle keinen gravierenden Eingriff in die Grünanlage und das Landschaftsschutzgebiet Flaucher dar, ein Gewerbebetrieb bestehe ja bereits. Ein Automat leiste auch keiner weiteren Kommerzialisierung der Isarauen Vorschub, so das Baureferat. Und aus gestalterischen Gründen könne man ihn auch nicht ablehnen. Schließlich hat die Wasserwacht in unmittelbarer Nachbarschaft kürzlich eine Doppelgarage gebaut - und auch die hat die Stadt genehmigt. Das Einverständnis widerrufen könne die Stadt nur dann, wenn der Automat nachweislich negative Auswirkungen auf die umgebenden Grünflächen habe.

Selbstverständlich habe ein Automat negative Auswirkungen, widerspricht Ernst Dill, Sprecher der SPD-Fraktion im Bezirksausschuss. Nutzungen, die nicht unmittelbar auf Erholung, auf Naturgenuss oder spielerische Aktivitäten abzielten, seien an dieser Stelle nicht zulässig. Nur deshalb, weil ein Geldautomat nicht explizit in der Grünanlagensatzung aufgeführt sei, sei er dort noch lange nicht erlaubt: "Eine Wurlitzer-Orgel steht in der Satzung auch nicht drin. Trotzdem würde man das Instrument wohl kaum am Flaucher aufstellen."

© SZ vom 27.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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