Sendling-Westpark:Maibaum-Hackeln

Lesezeit: 3 min

Kiosk statt Bikertreff: Die seit 25 Jahren hier ansässigen "Streetfighter Nomads" sollen sich ein anderes Vereinsheim suchen. (Foto: Catherina Hess)

Bayerisches Brauchtum auf dem neu gestalteten Luise-Kiesselbach-Platz: Nicht alle Politiker im Stadtviertel können sich damit anfreunden. Einig ist man sich aber, dass der ansässige Motorradclub sein Domizil räumen soll

Von Berthold Neff, Sendling-Westpark

Wenn in Bayern ein Maibaum auf traditionelle Weise, also nur mit Muskelkraft und Dutzenden Scherstangen aufgestellt wird, geht das kaum ohne viel Schweiß und etliche Flüche über die Bühne. Zeitraubend ist das Ganze auch. Dass man aber auch ziemlich lange über einen Maibaum einfach nur reden kann, ohne dass er schon zum Aufstellen bereit läge, hat am Dienstagabend der Bezirksausschuss (BA) Sendling-Westpark bewiesen. Dabei kam es sogar zu einer Kampfabstimmung, bei der die Fronten quer durch die Parteien verliefen.

Auslöser für die Debatte war die Stellungnahme der Stadtviertelvertreter zur Gestaltung des Luise-Kiesselbach-Platzes. Den Plänen zufolge, die das Baureferat im Anschluss an zwei Workshops erarbeitet und auch schon mit den Bürgern erörtert hat, soll es auf einem Teil der 1,7 Hektar großen Fläche einen Festplatz mit Maibaum geben. Der Maibaum an dieser Stelle ist vor allem der CSU ein Herzensanliegen, weshalb die Fraktion in ihrem Antrag als letzten Punkt forderte, dass der BA aufgrund seines Entscheidungsrechts den Standort des Maibaums auf dem Festplatz festschreiben solle.

Das wiederum passte Maria Hemmerlein (Grüne) nicht, der stellvertretenden BA-Vorsitzenden. "Ich bin inhaltlich vom Maibaum nicht so begeistert", sagte sie und begründete ihr Missbehagen damit, dass dieser "den Platz als Biergarten kennzeichnet". Ihr Fraktionskollege Wolfgang Goß ließ das jedoch nicht gelten und brach eine Lanze für den Maibaum. Für ihn sei er als Symbol wichtig, "und wer das nicht will, soll nicht hingehen". Hemmerlein beantragte, dass über den Punkt Maibaum gar nicht erst abgestimmt werden solle. Alfred Nagel, der CSU-Fraktionssprecher, argumentierte dagegen, um bei der Stadt "keine Unsicherheit aufkommen zu lassen", um also bereits jetzt klar zu machen, dass es Wunsch des Stadtviertel-Gremiums sei, dort einen Maibaum aufzustellen.

Weil zwei Grünen-Mitglieder mit der CSU stimmten, wurde Hemmerleins Antrag, noch nicht über den Maibaum zu beschließen, bei Stimmengleichheit abgelehnt. Mit 17 zu fünf Stimmen sprach sich der BA danach grundsätzlich dafür aus, einen Maibaum auf dem Festplatz vorzusehen, wobei der genaue Standort erst nach Gesprächen mit der Feuerwehr klar sein dürfte. Geplant ist, den Maibaum nicht mit purer Muskelkraft, sondern mit einem Kran in die Senkrechte zu hieven.

Einig war man sich in so gut wie allen anderen Punkten. CSU sowie SPD und Grüne, die einen gemeinsamen Antrag vorgelegt hatten, wollen den Gänselieselbrunnen mittig im Ostteil des Areals situieren und um ihn herum eine Sitzgruppe anordnen. Der Schotterbereich des Festplatzes sollte durch einen befestigten Fußweg umschlossen sein. Mit gemeinsamen Kräften will man auch erreichen, dass der Motorradclub "Streetfighters Nomads", der ein Gebäude im Nordwesten des Platzes seit fast einem Vierteljahrhundert als Vereinsheim nutzt, samt seiner Motorräder verschwindet. Das Kommunalreferat solle mit dem Club über eine Beendigung des Mietvertrags reden und eventuell bei der Suche nach einem neuen Standort behilflich sein, damit dieses Gebäude wieder wie einst als Kiosk mit angeschlossener Toilette genutzt werden könne. Roland Apfelbacher, der in Motorradkluft erschienen war, sagte: "Es wäre schad', wenn wir's hergeben müssten." Es wurde ihm jedoch von allen Seiten versichert, dass man den Club nicht einfach rauswerfen wolle, sondern großes Interesse daran habe, zu einer gütlichen Einigung zu kommen.

Alfred Nagel brachte einen weiteren Aspekt für die Gestaltung des Platzes ins Spiel. Er schlug vor, dort ein Kunstwerk zu platzieren, das laut städtischen Richtlinien bei jedem großen Bauprojekt der öffentlichen Hand eingeplant werden muss. Er regte an, eine Skulptur zu Ehren von Luise Kiesselbach zu errichten, "eingerahmt durch eine Säulenkolonnade und entsprechend angelegte, großzügige Blumenbeete". Bisher ist ein solches Kunstwerk samt Beiwerk in den städtischen Plänen für den Platz nicht vorgesehen. So stark festlegen wollten sich SPD und Grüne nicht, sie wollen die Details lieber den Kunstexperten überlassen.

Ohnehin begreifen vor allem Grüne und SPD die Gestaltung des Platzes noch als Provisorium. Denn sollte sich herausstellen, dass der Verkehr an der Oberfläche trotz des neuen Südwest-Tunnels immer noch zu viel Lärm produziere, müsse man das Konzept überdenken. Obwohl ihn die Bürger in den beiden Workshops mit deutlicher Mehrheit abgelehnt hatten, werde dann möglicherweise doch noch der Bau eines begrünten Lärmschutzwalls nötig sein.

© SZ vom 24.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: