Sendling-Westpark:Lieder vom Rentier

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Runter von der Bühne und rein ins Publikum: Die bulgarische Tanzgruppe „Lazarka“ lud zum Mitmachen ein – ein bunter und fröhlicher Auftritt beim Fest im Westpark mit 20 Gruppen aus aller Herren Länder. (Foto: Florian Peljak)

Tanzen, singen: Das Fest der Kulturen im Westpark verbindet

Von Thomas Kronewiter, Sendling-Westpark

Nicht immer ist der zentralere Platz auch die bessere Wahl. Nach drei Jahren auf dem Odeonsplatz betrachtet jedenfalls der Münchner Migrationsbeirat die Rückkehr des "Festes der Kulturen" in den Westpark als Erfolg. 5000 bis 6000 Gäste, so schätzen es die Veranstalter, 20 Bühnenauftritte, drei durchgehend voll belegte Hüpfburgen - "es war wieder familienfreundlicher", findet Colin Turner vom Migrationsbeirat.

So verweilte am Samstag so mancher, der eigentlich nur zum Joggen oder Spazierengehen die große Wiese hinter der Seebühne passieren wollte, ließ sich womöglich gar zum Mitmachen beim Kreistanz überreden oder hörte zu, wie Tuija Komi aus Finnland in einem Lied aus Lappland eine grasende Rentier-Herde vor dem geistigen Auge erstehen ließ.

"München kann Integration", konstatierte da CSU-Stadtrat Marian Offman zufrieden. Immerhin sei die Stadt bei einem Anteil von 43 Prozent, also rund 600 000 Menschen mit einem Migrationshintergrund deutschlandweit in der Spitzengruppe. Die Bemühungen des früher als Ausländerbeirat gegründeten Gremiums, das heute Migrationsbeirat heiße, sei deshalb eine Erfolgsgeschichte.

Einschränkungen gebe es: So glaube die Hälfte der Migranten, wirtschaftlich gut dazustehen. Doch für die meisten sei dafür die Basis der unterste Ausbildungslevel. Ausbildung ist deshalb für Offman eine ganz entscheidende Zukunftsfrage. Unter den Kindern bis drei Jahren liege der Migrationsanteil bei 56 Prozent, unter den Drei- bis Sechsjährigen sogar bei 60 Prozent. "Sie werden die Zukunft dieser Stadt mitprägen", sagte der Stadtrat, deshalb sei es entscheidend, in der Wissensgesellschaft von heute allen möglichst das gleiche Ausbildungsniveau zu ermöglichen.

Mit Blick auf die Willkommens-Atmosphäre am Münchner Hauptbahnhof 2015 bedauerte Offman die Entwicklungen der jüngsten Vergangenheit "zutiefst". Der CSU-Politiker findet es nicht gut, wenn in der gegenwärtigen Situation Vokabeln wie "Asyltourismus" oder "aggressive Anti-Abschiebungsindustrie" in den Mund genommen würden. Vielmehr gelte es, in der bunten Stadt München den Dialog ständig am Laufen zu halten.

Für Dimitrina Lang, die Vorsitzende des Migrationsbeirats, ist der ehrenamtliche Einsatz ihres 40-köpfigen Teams aus 19 Nationen zu Gunsten der Migranten deshalb wesentlich. Man kämpfe gegen Rassismus und gegen jede Form der Ausgrenzung. Aktiv bemühe man sich um das kommunale Wahlrecht, damit die Menschen, die hier lebten, auch über ihre Geschicke mitbestimmen könnten. "Das ist ein mutiges Ziel, aber wir bleiben da dran." Auch Lang sieht die Notwendigkeit, die Belange von Migranten nicht aus den Augen zu verlieren. Jedes zweite Kind in München habe zumindest ein Elternteil mit einem Migrationshintergrund - und, wie die aktuelle Situation zeige, gebe es zu Gunsten von Migranten durchaus noch Optimierungsmöglichkeiten.

© SZ vom 09.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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