Sendling-Westpark:Laut und leise

Lesezeit: 2 min

Der Südwest-Tunnel hat die Anwohner stark vom Verkehr entlastet. Allerdings zeigen aktuelle Zahlen, dass dieAbnahme in einigen Straßen sehr gering ist. An der Murnauer Straße ist der Schallpegel sogar unverändert

Von Berthold Neff, Sendling-Westpark

Aus den Augen, aus dem Sinn? Nicht ganz. Fast drei Jahre nach der Eröffnung des Südwest-Tunnels am Mittleren Ring hat die Belastung der Anwohner durch den Verkehr an der Oberfläche zwar deutlich abgenommen, aber in der Murnauer Straße ist die Abnahme so gering, dass der Lärm ähnlich störend empfunden wird wie vor dem Tunnelbau. Dies geht aus Berechnungen der städtischen Experten hervor, die nun dem Bezirksausschuss (BA) Sendling-Westpark vorgelegt wurden. Die Stadt reagierte damit auf einen Beschluss der Bürgerversammlung, in dem Ende 2016 Lärmmessungen im Umfeld des Luise-Kiesselbach-Platzes gefordert wurden. Gemessen haben die Experten des Sachgebiets Lärmvorsorge des Referats für Gesundheit und Umwelt den Lärm allerdings nicht, sondern ihn anhand der Verkehrszahlen berechnet. Die Verkehrsmengen vor dem Tunnelbau wurden zwischen 2006 und 2009 erhoben, die Zählungen danach erfolgten im Oktober und November 2017.

Die Zahlen ergeben für die Garmischer Straße, im Abschnitt zwischen Preßburger und Ehrwalder Straße, ein klares Bild. Von den etwa 107 000 Autos, die vor dem Tunnelbau dort entlang brausten und den Anwohnern nachts einen Lärmpegel von 65,8 Dezibel bescherten, waren danach nur noch 12 000 an der Oberfläche unterwegs, der Lärm in der Nacht reduzierte sich spürbar auf 54,6 Dezibel. Entlastung auch beim Schwerverkehr, denn nur noch 600 Lkw pro Tag donnern mittlerweile durch die Garmischer Straße, zehn Mal weniger als früher. An der Heckenstallerstraße jedoch, wo der Verkehr lediglich in einen Trog tiefergelegt wurde, kann von einer Entlastung im Abschnitt zwischen Murnauer Straße und Höglwörther Straße keine Rede sein. Der Lärmpegel ist für die Anwohner identisch geblieben. Dasselbe gilt für die Murnauer Straße, in der auch heute, wie schon vor dem Tunnelbau, pro Tag 17 000 Fahrzeuge (davon 900 Lkw) unterwegs sind, was in der Nacht eine Schallemission von 54,3 Dezibel zur Folge hat.

Die Experten haben aber nicht nur die Emissionen berechnet, sondern auch den Immisionspegel, also das direkt an den umliegenden Häusern ankommende Geräusch. Ihr Fazit: "In der Murnauer Straße treten nur sehr geringe Pegelminderungen auf, sodass die akustisch wahrnehmbare Lärmbelastung vor sowie nach Tunnelbau nahezu identisch ist." Allerdings ist dieser Lärm nicht so hoch, dass die Grenzwerte für eine mit öffentlichem Geld geförderte Lärmsanierung erreicht wären, die bei 67 Dezibel tagsüber und 57 Dezibel bei Nacht liegen. Eine Absage erteilt die Stadt auch der Forderung, den Lärm zu messen anstatt ihn nur zu berechnen. Begründet wird dies damit, dass man Messergebnisse nur schlecht vergleichen könne. Sie seien oft von der Witterung, dem jeweiligen Fahrverhalten der Autofahrer sowie Störgeräuschen abhängig. Im Übrigen führten Berechnungen in der Regel zu höheren Werten. Der Grund: Die Richtlinien schreiben vor, stets einen leichten Wind (drei Meter pro Sekunde) vom Verkehrsweg hin zu den Häusern anzunehmen.

Um Lärm ging es bereits zu Beginn der BA-Sitzung, beim Punkt "Bürgerinnen und Bürger haben das Wort". Sebastian Uhl, der am Max-Seidl-Weg wohnt und die Anliegen der Anwohner vertritt, die unter dem am Luise-Kiesselbach-Platz verbliebenen Verkehr leiden, forderte den BA auf, mit Geld aus dem neuen Stadtbezirksbudget eine "Lärmschutzwand in einfacher Ausführung" zu finanzieren. Sie soll die Anwohner vor dem Krach schützen, den die etwa 40 000 Autos verursachen, wenn sie aus dem Heckenstallertunnel über die Rampe an die Oberfläche kommen, um Richtung Garmischer Autobahn zu fahren. "Das ist der erste Antrag, der uns auf Grundlage des neuen Stadtbezirksbudgets gestellt wird", sagte Günter Keller (SPD), der BA-Vorsitzende. Der Antrag wird nun an das zuständige Referat weitergeleitet.

© SZ vom 28.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: