Sendling/Westpark:Ende der Vorstellung

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Die Wiese nahe des Mollsees soll nach dem Willen der Lokalpolitiker für kommerzielle Veranstaltungen und Gastspiele gesperrt werden. Nun fürchten auch die Aktion "Spielen in der Stadt" und der "Circus Leopoldini" um ihre Zukunft

Von Berthold Neff, Sendling/Westpark

Elefanten waren zwar nicht dabei, als ein Berliner Zirkus im Herbst 2015 im Westpark gastierte. Trotzdem sah die Wiese im südöstlichen Teil des Parks in der Nähe des Mollsees anschließend wie ein Acker aus und hat sich seitdem nicht wieder erholt. Das Anliefern der Gerätschaften mit Lkw, der Aufbau der Zelte mit schwerem Gerät, die Wohnwagen und die Tiere hatten dem Grün arg zugesetzt. Erschwerend kam hinzu, dass sich die Wiese auch im Folgejahr kaum erholen konnte, weil sie an 84 Tagen als Veranstaltungsort herhalten musste. Dieses Treiben soll nun beendet werden. Nach dem Willen des Bezirksausschusses (BA) Sendling-Westpark soll diese Fläche künftig von Veranstaltungen verschont werden.

Lediglich zwei Akteure, nämlich die Aktion "Spielen in der Stadt" mit ihrem Familienfest "Zirkuslust" sowie der von einem gemeinnützigen Verein getragene "Circus Leopoldini" sollen in diesem Jahr noch auftreten dürfen, da sie ein pädagogisch wertvolles Programm bieten. Kommerzielle Anbieter sollen vom zuständigen Kreisverwaltungsreferat schon in diesem Jahr nicht mehr erlaubt werden. Bis auf Sabrina Böcking (FDP) stimmte der Bezirksausschuss geschlossen für dieses Vorgehen.

Dieter Meyer (CSU), der Vorsitzende des Unterausschusses Parks und Grünanlagen, berichtete seinen BA-Kollegen von der ernüchternden Bilanz der Westpark-Verantwortlichen aus dem Gartenbauamt und forderte, kommerzielle Zirkusse nicht mehr zuzulassen. Angesichts der "wertvollen Arbeit", die von den Projekten "Zirkuslust" und "Circus Leopoldini" für Kinder geleistet werde, plädierte er jedoch dafür, die beiden gemeinnützigen Aktionen davon auszunehmen. Die große Mehrheit seiner BA-Kollegen konnte sich aber nur dazu durchringen, das heuer ausnahmsweise zu tun. Es wurde beschlossen, Zirkusse auf eine benachbarte, gepflasterte Fläche zu verweisen, die mit etwa 800 Quadratmetern deutlich kleiner ist als die bisher genutzte, umgangssprachlich als "Zirkuswiese" bekannte. Diese war aber - darauf wies der CSU-Fraktionssprecher Alfred Nagel hin - nie für diesen Zweck gedacht: "Das ist schlicht eine Liegewiese."

Anna Bauregger von "Zirkuslust" und Dorothea Auer von "Leopoldini", die mit einigen Kindern und Eltern in die Sitzung am Dienstagabend gekommen waren, erläuterten, warum es für sie geradezu ideal wäre, diese Fläche weiter nutzen zu können. Anna Bauregger legt Wert darauf, dass das offene und kostenlose Ferienprogramm von "Spielen in der Stadt" alles andere als Zirkus ist - es gehe um Theater, Tanz, Bewegungskünste und Spiel. Seit 2005 finde dieses Programm dort statt, stets habe man sich bemüht, pfleglich mit der Natur umzugehen; das Zelt zum Beispiel werde per Hand aufgerichtet. Viele Kinder aus Familien, die sich keinen Urlaub leisten können, profitierten davon. Im vergangenen Jahr hätten dabei fast 8000 Kinder mitgewirkt, drei Viertel davon mit Migrationshintergrund. Man leiste damit einen wertvollen Beitrag zur Integration, in diesem Jahr wolle man das Thema Inklusion in den Vordergrund stellen.

Ähnlich argumentierte Dorothea Auer von "Leopoldini". Der Verlust dieses Platzes wäre für den Verein, vor allem aber für die kleinen Artisten, Eltern und Trainer "eine Katastrophe". Die 130 jungen Künstler proben das Jahr über in der Turnhalle der Rudolf-Steiner-Schule in Schwabing, an der die meisten auch Schüler sind, und zeigen dann im Westpark ihr Können - manche von ihnen sogar noch im Abituralter. Auer befürchtet, dass es so gut wie aussichtslos wäre, einen anderen Platz zu finden, der ähnlich gut geeignet ist.

Der BA-Vorsitzende Günter Keller (SPD) sagte, auch er hege "große Sympathie" für diese beiden Veranstaltungen. Man müsse nun mit Blick auf die städtische Grünanlagensatzung und die Genehmigungspraxis des KVR eruieren, was in der Zukunft möglich ist. Arnold Egerer (SPD), der kurz zuvor als Nachrücker in den BA vereidigt wurde, gab zu bedenken, dass der Zustand der Wiese entscheidend sei. Wenn sie nur zwei solcher Veranstaltungen vertrage, dann habe die Stadt das Recht, andere - kommerzielle - Veranstalter abzulehnen. Am Freitag wird ein Ortstermin weitere Klarheit bringen.

© SZ vom 26.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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