Sendling-Westpark:Duftende Kindheitserinnerungen

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Küchenchef Andreas Ertel demonstriert im Garten von St. Josef, was der mobile Brotbackautomat alles kann. (Foto: Stephan Rumpf)

Für seine Senioren hat das Münchenstift einen mobilen Brotbackofen gekauft. Zur Premiere gab's Flammkuchen

Von Fabian Huber, Sendling-Westpark

Für was so ein Ofen im Mai alles gut sein kann. Eigentlich sollten im Hofgarten des Hauses St. Josef schon lange die Flammkuchen brutzeln. Das Münchenstift weiht hier heute einen mobilen Brotbackofen ein. Doch mit der Temperatur ist das so eine Sache an diesem Dienstagvormittag. Im Ofen selbst ist es mit 400 Grad noch zu heiß für die Elsässer Pizza. Und draußen, da grüßen die Eisheiligen mit böigem Wind und unangenehmer Kühle. Also stellt sich Traudl Knape, Jahrgang 1936, dick eingemummelt in Winterjacke und Kuscheldecke, vor die warme, gusseiserne Ofenklappe und dreht ihre Handgelenke hin und her.

Die gemeinnützige Gesellschaft Münchenstift hat sich für ihre betagten Bewohner etwas ganz Besonderes überlegt: Im Zweiwochentakt wird der Ofen - samt Kamin, Schamottsteinen und dem Anhänger, auf dem er befestigt ist - durch ganz München fahren. Von einem Stiftheim zum nächsten. Insgesamt 13 Stationen. 11 000 Euro kostet der Ofen, finanziert vom großzügigen Erbe einer ehemaligen Heimbewohnerin.

"Die Grundidee ist, in den Pflegebedürftigen möglichst viele Erinnerungen an ihre Jugend zu wecken. Der Brotgeruch, die alte Bäckerei. Vor allem für Demenzpatienten kann so etwas sehr wichtig sein", sagt Münchenstift-Geschäftsführer Siegfried Benker. Selbst habe sie zwar noch nie Brot gebacken, gesteht Knape. "Aber damals, nach dem Krieg, haben wir uns schon immer etwas Frisches vom Bäcker geholt." Ob sie sich freut? Na ja, das Wetter, die Eisheiligen, aber immerhin: "Selbstgebackenes Brot muss ja schmecken." Ihr Mitbewohner Wolfgang Lobmaier ist noch ein wenig vorsichtiger: "Moi schaun, was des werd."

Damit "des was werd", hat Küchenchef Andreas Ertel schon früh am Morgen mit einer extra angelieferten Knetmaschine den Teig hergestellt und um neun Uhr den Ofen mit Holzpellets angeheizt. Das rustikale Gerät ist ein echtes Multitalent: Nach dem Aufheizen ist die Temperatur perfekt für Flammkuchen und Pizzen. Kühlt es noch ein wenig mehr ab, kommen Brote und Kuchen in den Schlund des Ofens. Und sogar ein Spanferkel brutzelte bei der Generalprobe vor zwei Wochen im Garten von St. Josef.

Zur Eröffnung aber brutzelt erst einmal gar nichts. Der Ofen ist immer noch zu heiß und die Senioren frieren mittlerweile. "Wie lange sollen wir noch hier draußen bleiben?", fragt eine alte Dame. Also backt die Küchencrew die Flammkuchen kurzerhand drinnen, damit die Hungrigen unter dem zugigen Pavillon schnell zu essen kriegen. Dazu gibt es Riesling und Apfelschorle - und auch das ein oder andere zufriedene Lächeln.

"Es kommt wahnsinnig gut an", resümiert Geschäftsführer Benker. Und tatsächlich: "Hat geschmeckt", urteilt Traudl Knape. Selbst Wolfgang Lobmaier befindet sein Speck-Zwiebel-Brot für "gut". Derweil schiebt Küchenchef Ertel schon einmal das frisch vorbereitete Abendbrot in den Ofen.

© SZ vom 15.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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