Sendling:Stufe für Stufe aus der Isolation

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Leichterer Abstieg: Eine neue öffentliche Treppe an der Isarhangkante verbindet Obersendling mit Untersendling. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Vom Clearinghaus an der Plinganserstraße führt jetzt eine öffentliche Treppe die Isarhangkante hinunter ins Sendlinger Unterfeld

Von Birgit Lotze, Sendling

Die Münchner Isarhangkante durchschneidet auch Sendling. Sie läuft sozusagen parallel zur Plinganserstraße, gilt in Sendling als etwas Besonderes, ist allerdings meist zugebaut, also nur noch an wenigen Stellen gut sichtbar. Fest steht aber auch: Sie wirkt, gerade weil sie so steil ist, auch trennend, muss regelrecht erklommen werden. Oft ist es gar nicht so einfach, sie ohne Umwege zu überwinden. Jetzt gibt es eine neue Möglichkeit: Am neuen Clearinghaus an der Plinganserstraße 29 gibt es eine öffentliche Treppe von der Plinganserstraße hinunter ins Sendlinger Unterfeld zur Kidlerstraße.

Sendlinger Lokalpolitiker haben sehr vehement und beharrlich für diese Treppe gekämpft. Hintergrund ist, dass mit dem Bau des Clearinghauses, eines Projekts der katholischen Kirche, die letzte freie Fläche an der Sendlinger Hangkante verbaut wurde. Die SPD-Fraktion im Sendlinger Bezirksausschuss hatte deswegen stets Wert darauf gelegt, dass die Hangkante trotz des neuen Baukörpers an dieser Stelle passierbar bleibt. Das ist mit der neuen Freitreppe möglich. "Nun ist sie endlich da, sogar mit einem Winterdienst, so dass ganzjährig die Treppe genutzt werden kann", kommentiert SPD-Fraktionschef Ernst Dill. Jetzt sei zu hoffen, dass dort noch ein Café aufmache, welches die Außenterrasse nutze. Das Clearinghaus an der Plinganserstraße wurde vor einem Jahr als siebtes Clearinghaus in der Stadt eröffnet und richtet sich an wohnungslose Alleinstehende, Paare und Familien. Betreiber ist der Ambulante Fachdienst Wohnen des Katholischen Männerfürsorgevereins. Die Kosten trägt die Stadt München, die das Haus auch belegt. Das Clearinghaus bietet in 31 möblierten Wohnungen, die sich auf vier Obergeschosse und ein Dachgeschoss verteilen, Platz für 55 bis maximal 85 Personen. Zur Verfügung stehen zwölf Ein-Zimmer-Apartments, vier Zwei-Zimmer-Wohnungen und 15 Drei-Zimmer-Wohnungen. Ziel ist, dass die Bewohner innerhalb eines halben Jahres ein eigenes, neues Zuhause finden. Dabei werden sie intensiv betreut.

Es hat Jahre gedauert, bis die verschiedenen Beteiligten sich über die Treppe einigen konnten. Zum Schluss sollte sie vom Katholischen Siedlungswerk gebaut werden, die Stadt erklärte sich zur Finanzierung bereit. Der Katholische Männerfürsorgeverein will die Treppe unterhalten. Der Sozialdienst katholischer Frauen (SkF), über dessen Grund ein Teil der Treppe verläuft, hatte sich jahrelang gegen eine Abtretung gewehrt. Er befürchtete Nachteile für den eigenen Kindergarten direkt unterhalb des geplanten Clearinghauses.

Das Grundstück an der Plinganserstraße 27 bis 31 wurde 70 Jahre als Freifläche für den Kindergarten genutzt. Zuvor stand dort das Sendlinger Feuerwehrhaus, nach Kriegsende waren dort Brand- und Baustoffreste gelagert. In Sendling hatte man die Planung, auf den Kirchengrund ein Clearinghaus zu stellen, begrüßt - schon "grundsätzlich", weil es eine wichtige Hilfe für wohnungslose Menschen sei. Man befürchtete allerdings, dass das Haus wie ein Riegel und isoliert wirken könnte. Für eine mögliche Öffnung hin zum Stadtviertel hatten die Sendlinger Politiker die Treppe und ein Café gefordert. Bei zweiterem zeichnet sich noch keine Belegung ab, offenbar erweist es sich als schwierig, einen passenden Betreiber zu finden.

© SZ vom 16.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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