Sendling:Lösung mit Lücken

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Neue Heimat für das Kulturzentrum: Auf dem Geländes an der Hans-Preißinger-Straße sollen sechs Stockwerke hohe Modulbauten errichtet werden. (Foto: Mirco Taliercio/oh)

Der Gasteig-Umzug nach Sendling ist beschlossen - doch die Lokalpolitiker vermissen einen Plan, wie der Verkehr mit Tausenden Besuchern geregelt werden soll. Zudem hat ein traditionsreicher Verein noch kein Ausweichquartier

Von Birgit Lotze, Sendling

Das Projekt Gasteig-Ausweichquartier war im Sommer 2017 noch eine Idee - nun gedeiht es in Rekordzeit. Kurz vor Weihnachten stand das Konzept, es war ein Kompromiss gefunden worden, der von allen Seiten getragen wurde: von Gasteig-Chef Max Wagner, vom Gasteig-Aufsichtsrat und den Nutzern des Geländes an der Hans-Preißinger-Straße 8, dem Kreativquartier (HP8). Letzteren hätte gemäß der ersten Planung der Rausschmiss gedroht. Nun darf ein großer Teil der Künstler und Handwerker weiterhin auf dem Stadtwerke-Areal am Flaucher bleiben - in Koexistenz mit dem Gasteig. Kurz vor den Sommerferien hat die Lokalbaukommission bereits den Vorbescheid genehmigt. Der Bezirksausschuss (BA) Sendling vermisst jetzt allerdings einen wichtigen Bestandteil: ein Verkehrskonzept.

Zum Gasteig-Interimsquartier werden täglich Tausende Besucher kommen. Doch darauf sind offenbar bislang weder Sendlings Straßen noch die öffentlichen Verkehrsbetriebe vorbereitet. "Der genaue Stellplatzbedarf wird im Rahmen des Vorbescheidverfahrens geklärt", heißt es in der Beschlussvorlage für den Stadtrat vom Januar dieses Jahres. Doch "es steht nichts drin", wie der BA-Vorsitzende Markus Lutz (SPD) zusammenfasst.

Wie schon die Studie, so enthalte nun auch der Vorbescheid kein schlüssiges Konzept, wie der anfallende Verkehr bewältigt werden soll - aus Sicht von Sendlings Lokalpolitikern eine wichtige Voraussetzung, um dem Projekt zuzustimmen. Doch es stehe dort nichts zur Taktverdichtung der öffentlichen Verkehrsmittel und auch nichts zum Verkehrsgeschehen außerhalb des HP8-Geländes. Es gebe lediglich den Hinweis, dass auf dem Gelände 107 Stellplätze nachzuweisen seien. Und dass ein Shuttlebus einzurichten sei. "Von dem alleine haben wir wenig", so Lutz in der BA-Sitzung. "Die Referate sollen uns informieren, welche Lösungen es gibt."

Es gibt aber noch weitere Probleme. So sind nicht alle Anlieger des HP8-Geländes in der geplanten Interimsnutzung untergekommen. Etwa 20 von 80 Mietern können nicht mehr auf dem Areal bleiben, nur vier haben bislang andere Geschäftsräume oder Ateliers gefunden. Den Verbliebenen, die noch neue Räume suchen, wurde von Bürgermeister Josef Schmid (CSU) bereits im vergangenen Dezember Unterstützung zugesagt. Doch die Suche gestaltet sich schwierig in einer Stadt mit so wenig Platz wie München.

Besonders kritisch ist die Lage für den Verein Mobilspiel, der seit 1972 sozialen Einrichtungen in München bei der Planung und Durchführung von Schul-, Kinder- und Stadtteilfesten hilft. Er droht dem Gasteig-Einzug zum Opfer zu fallen. Denn der Verein benötigt satte 1000 Quadratmeter Fläche, ebenerdig, mit fünf Metern Höhe, vor allem, um Hüpfburgen zu trocknen und Bauwagen voll mit Spielzeug für die spielpädagogische Betreuung unterzubringen. "Alle denken, wir gehören zur Stadt, da wird uns der Teppich ausgerollt", sagt Gabriela Rank, seit 26 Jahren Bereichsleiterin für Mobilspiel. "Das ist nicht der Fall." Die städtischen Referate hätten bereits viele Optionen durchgespielt, jedoch ohne Erfolg. Denn die Stadt habe keine zentral gelegenen freien Flächen in der Größenordnung. Eine geplante Hallenanmietung auf dem freien Markt habe sich angesichts der geforderten hohen Preise zerschlagen. Wegen des inzwischen geltenden Haushaltsstopps könne die Stadt im kommenden Jahr keine höhere Miete als bislang für Mobilspiel zahlen.

Ein Umstand, der sich ebenfalls zu einem Problem ausweiten könnte, wie Rene Kaiser (Grüne) im BA vermutet. Er wundere sich, dass im Vorbescheid nicht vermerkt sei, ob die Interimsphilharmonie ohne Fundament auskomme. Das Gelände gilt seines Wissens als ölverseucht. Würde ein Fundament benötigt, so spekulierte Kaiser, müsste das Gelände erst einmal abgetragen werden, was Zeit und Geld koste. Bislang sind für die Interimslösung Zusatzkosten von mehr als 90 Millionen Euro für die Zeit bis 2025 veranschlagt. Ende 2020 soll das Kulturzentrum für etwa fünf Jahre dort einziehen. Währenddessen wird an der Rosenheimer Straße saniert.

Auf dem Gelände an der Hans-Preißinger-Straße soll für den Gasteig-Einzug mit bis zu sechs Stockwerken hohen Modulbauten nachverdichtet werden. Die Philharmonie, die Musikhochschule, Teile der Stadtbibliothek und die Volkshochschule werden dort untergebracht. Dafür wird neben anderen kleineren Bauten eine der Hallen abgerissen - es ist eben jene, die derzeit Mobilspiel nutzt. Die Philharmonie soll in die denkmalgeschützte Backsteinhalle neben einen neuen Zwillingsbau ziehen. Die Halle soll schon zum Ende des Jahres geräumt werden. Der Verein Mobilspiel hat wohl noch eine Schonfrist bis zum Ende des Winters.

© SZ vom 31.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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