Sendling:Konflikt um Kompromissvorschlag

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Anders als viele Parteifreunde im Stadtrat sind die Lokalpolitiker geschlossen gegen das jüngste Konzept für den Bau einer Boulderhalle im Kletterzentrum des Alpenvereins. Stattdessen wollen sie den Grünzug bewahren

Von Birgit Lotze, Sendling

Ein zweistöckiges Gebäude in der Frischluftschneise? Für die Lokalpolitiker in Sendling kommt dies nicht infrage. Auch der Kompromissvorschlag für den Bau einer Boulderhalle im Kletterzentrum Thalkirchen droht im Stadtviertel durchzufallen. Die SPD-Stadtratsfraktion hatte den Vorschlag vor einem Monat vorgelegt und damit geworben, dass die neue, geänderte Version den Baukörper deutlich reduziere, keinen Grünbestand angreife und den Grünzug offenhalte. Der SPD-Fraktionssprecher im Sendlinger Bezirksausschuss (BA) Ernst Dill, auch Chef des Bauausschusses, empfahl eine Vertagung in den Unterausschuss - ausdrücklich auf einen Termin nach der Kommunalwahl. "In der Sache kann ich aber jetzt schon sagen: Die Rücknahmen sind dermaßen marginal, dass der BA beim Nein bleiben wird."

Das bedeutet: Selbst die Genossen im Lokalgremium können sich ihren Stadtratskollegen nicht anschließen. Dill sprach sogar von "Erstaunlichkeiten". Der Vorschlag, der nun über die Lokalbaukommission den BA erreichte, solle den BA wohl zu einer Lösung hinführen, "die, ich nehme an, so der Kletterverein vorgelegt hat".

Auch die CSU-Fraktion war vehement dagegen. Der Plan "gefährde die Grünanlage", auch sei der Schutz der Anwohner vor Verkehr "nicht ausreichend geregelt", sagte Fraktionssprecher Michael Kaiser. Holger Glaeske (FDP) wandte ein, dass die neue Lösung nichts Neues bringe. Ablehnung signalisierten auch die Grünen, deren Stadtrats-Kollegen die Hallenpläne unterstützen. Elisabeth Robles Salgado betonte, ein BA müsse sich um Sorgen und Nöte vor Ort kümmern. "Wir alle haben unsere Bürgerinnen und Bürger im Blick."

Protest gibt es. Der Nachbarsportverein, dem selbst vor Jahren Neubaupläne verweigert wurden, da sein Gelände in demselben Grünzug liegt, fürchtet unter anderem um seine Parkplätze. Anwohner klagen über starken Parksuchverkehr im Viertel, Bürgerversammlungen haben deutlich gemacht, dass sie den Auto-Rummel um das Kletterzentrum - laut Eigenwerbung mit 7 800 Quadratmetern Kletter- und Boulderfläche "mit großem Abstand als größte Kletteranlage der Welt" - nicht wollen. Und dann ist da die Initiative "Rettet den Schrein", die sich für die Freiluftanlage einsetzt, die genau an der Stelle steht, auf der die Halle gebaut werden soll.

In der Einigung, die sich seitens des Trägers und der Stadt abzeichne, könne sie keinen Kompromiss erkennen, sagte Karin Nobs von der Initiative im BA. Schließlich wolle "Rettet den Schrein" die Freianlage zumindest zum Teil erhalten - ohne die Einzigartigkeit des Ortes zu zerstören. Die Initiative hat laut Nobs ihrerseits Kompromissvorschläge auf den Tisch gelegt, bei denen der Schrein erhalten bleibe: in einem reinem Outdoor-Boulderpark oder kombiniert mit einer eingeschossigen Halle. Doch sie habe kein Gehör gefunden.

Der Trägerverein der Kletteranlage, der Deutsche Alpenverein, möchte seinen Mitgliedern ein qualitativ ansprechendes und zeitgemäßes Gesamtangebot bieten. Dafür soll die in die Jahre gekommene Freianlage durch ein zweistöckiges Boulder-Areal mit Außenboulder- und Außenkletterwänden über 2000 Quadratmetern ersetzt werden. Man wolle keine weiteren Grünflächen verbrauchen, heißt es, im Gegenteil: Durch das begrünte Dach, das als Bienenweide fungieren soll, wolle man mehr Grün als bisher schaffen.

Eine Halle war im BA immer abgelehnt worden, schließlich schließt das Baurecht an dieser Stelle eine Bebauung aus. Doch vor einigen Jahren hat sich der Stadtrat schon einmal über den BA hinweggesetzt, der DAV durfte schon einmal eine Halle bauen - trotz Frischluftschneise.

In den vergangen 15 Jahren wurden an mehreren Stellen in und am Rand Münchens mehrmals versucht, in Kaltluftschneisen einzugreifen: An der Stadtgrenze zu Neubiberg geht es um Gewerbeansiedlungen im Hachinger Tal, bereits vor mehr als zehn Jahren durfte sich hier Infineon als erster in der Frischluftschneise ansiedeln. Auf Münchner Seite geht es dort um Neubauwohnungen. In Bogenhausen ist der Bau des Wilhelm-Hausenstein-Gymnasiums im Klimapark am Salzsenderweg geplant. Im Westen ist die "Erdbeerenwiese", ein Acker in Menzing nahe der Inselmühle, für eine Bebauung vorgesehen, im Laim kämpft eine Bürgerinitiative Landschaftspark für den Erhalt der städtischen Baumschule, die in der Kaltluftschneise bis nach Gräfelfing liegt.

© SZ vom 04.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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