Sendling:Klare Ansage

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Bei der Bürgerversammlung lassen die Sendlinger keine Zweifel zu: Sie wollen die Großmarkthalle unbedingt behalten und in keinem Fall auf abendliches Grillen am Flaucher verzichten

Von Birgit Lotze, Sendling

Trotz Lärm und Gestank: Die Sendlinger wollen die Urbanität ihres Viertels erhalten. Sie haben kein Interesse daran, aufs Grillen an der Isar zu verzichten und bestehen auf der Großmarkthalle. Die mit rund 400 Menschen gut besuchte Bürgerversammlung am Dienstagabend wehrte einen Antrag, Grillen am Flaucher zu verbieten, mehrheitlich ab. Noch deutlicher war die Zustimmung für die Großmarkthalle - der Antrag, sie an den Stadtrand zu verlegen, fiel einstimmig durch.

Dabei hatte der Antragsteller vor Augen geführt, dass die Sendlinger sich mit der geplanten neuen Halle mit einer Länge von mehr als einem halben Kilometer wohl eher einen Klotz ins Viertel holen statt ein städtebaulich qualitätsvolles Projekt, das sich ins Stadtzentrum einfügt. Angesichts der Enge in der Stadt sei der Bau einer so großen Halle "eine städtebauliche Sünde für die nächsten 50 bis 80 Jahre", sagte der Antragsteller, sie wirke als Barriere, als Hindernis, "ohne Mehrwert für Sendling". Darüber hinaus ziehe der Großmarkt viele Schwerlaster in die Stadt - "ein ökologischer Unsinn". Mit dem Verkauf des Geländes für Wohnungsbau könne die Stadt fast eine Milliarde Euro erzielen, rechnete der Antragsteller vor. Und die Sendlinger erhielten neue Wohnungen, viel Grün und einen barrierefreien Durchgang zwischen Thalkirchner Straße und Schäftlarnstraße zur Isar hin. Die Lärmbelastung sinke, das gesamte Quartier und auch München werde aufgewertet.

Markthallen-Chef Boris Schwartz hielt mit eindringlicher Stimme dagegen. Ein positives Votum der Bürgerversammlung hätte den Stadtrat, der die bisherige Großmarktplanung einstimmig befürwortet hat, gezwungen, das Thema neu aufzurollen. Schwartz erklärte, die neue Halle vergrößere den jetzigen Großmarkt nicht, sämtliche Händler sollten dort einziehen. Schwartz stellte auch den vom Antragsteller errechneten Grundstückserlös von fast einer Milliarde Euro in Frage; schließlich sei ein Großteil des Areals nicht bebaubar. Einige Gebäude stehen unter Denkmalschutz, auf rund 5000 Quadratmetern wurde bereits ein Biotop eingerichtet.

Der Stadtrat habe sich bereits mehrmals damit beschäftigt, den Großmarkt aus dem Zentrum zu verlegen - und immer wieder dagegen entschieden, sagte Schwartz. Fiele der Standort Sendling, habe die Metropolregion München keinen Großmarkt mehr, beschwor der Markthallen-Leiter die Bürger. Denn anders als die Stadt Frankfurt - dort wurde der Großmarkt aus dem Zentrum nach draußen verlegt - habe die bayerische Landeshauptstadt kein Grundstück am Stadtrand. Schwartz' Vermutung: "Außerhalb Münchens wird es keine neue Großmarkthalle geben."

Vor allem diese Argumente des Markthallen-Leiters überzeugten in Sendling: Löse man den Großmarkt auf, gingen 3000 Arbeitsplätze verloren. Die meisten Restaurants und die kleinen Obst- und Gemüsehändler versorgten sich in der Großmarkthalle - zum Vorteil für die Bürger, da die Auswahl vielfältiger und die Produkte im allgemeinen höherwertiger seien als in den Geschäften großer Ketten und Discounter. Die Hälfte der Einkäufer komme aus der Stadt, sagte Schwartz.

Den Grillgeschädigten am Flaucher versuchte ein Vertreter des Baureferates entgegenzukommen. Im Dezember werde ein runder Tisch einberufen, der sich mit dem Problem auseinandersetzen soll. Nach der starken Kritik in diesem Sommer wegen Rauch, Lärm und Müll habe die Stadt mit mobilen Toilettenanlagen, einem Sicherheitsdienst und der Verstärkung der Grünanlagenaufsicht versucht, dort für mehr Ordnung zu sorgen. Politiker und Naturschutzverbände erarbeiteten nun gemeinsam weitere Lösungen.

© SZ vom 29.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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