Sendling:Hilferuf aus der Plinganserschule

Lesezeit: 3 min

Vertrackte Situation: Einige Klassen der Plinganserschule werden im alten Gebäude unterrichtet, die meisten sind an die Meindlstraße umgezogen. (Foto: Florian Peljak)

Die Rektorin muss gleichzeitig eine Großbaustelle, ein zweigeteiltes Schulhaus und Raumnot managen. Außerdem fehlen Betreuungsplätze am Nachmittag, bis zu 150 Eltern könnten davon betroffen sein

Von Birgit Lotze, Sendling

Raumprobleme, fehlendes Personal, kein Ansprechpartner - die Schulleitung der Grundschule an der Plinganserstraße in Sendling hat einen Hilferuf an Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD), Stadtschulrätin Beatrix Zurek und den Sendlinger Bezirksausschuss geschickt. Bekommt die Schule nicht schnell Unterstützung und tatkräftige Hilfe, stehen - so die Befürchtung der Schulfamilie - bis zu 150 Kinder, die von September an eine Nachmittagsbetreuung benötigen, ohne diesen Platz da. Außerdem fehlen, sollte sich die Lage nicht ändern, vom kommenden Schuljahr an zwei Klassenräume.

Im Bezirksausschuss (BA) fielen angesichts des Briefes mehrmals Worte wie "dringend" und "ärgerlich". Die Lokalpolitiker wollen bei der Stadt nun ganz schnell auf eine Lösung drängen. Auch soll Bürgermeisterin Christine Strobl (SPD), in deren Zuständigkeit die Betreuung des Referats Bildung und Sport fällt, direkt angesprochen werden.

Beim Bezirksausschuss haben sich bereits die ersten Eltern gemeldet, die von einem sicheren Betreuungsplatz im nächsten Schuljahr ausgegangen waren. Offenkundig hat die Nachricht, das bereits fertiggestellte städtische Tagesheim an der Schule könne erst im September 2020 für diesen Zweck genutzt werden, viele der Betroffenen erst kurzfristig erreicht. Wegen des momentan stattfindenden Umbaus des Schulhauses würden die Tagesheim-Räume derzeit vormittags für Unterrichtszwecke genutzt, teilt Ulrich Lobinger im Namen des Referats für Bildung und Sport mit. "Eine Doppelnutzung der Räume, vormittags Unterricht, nachmittags Betreuung im Tagesheim, ist leider nicht möglich." Das sehe das Gesetz so vor.

Die Kinder woanders unterzubringen, ist aber offenkundig ebenso wenig machbar wie in der Schule selbst. Nun ist die Plinganserschule derzeit in einer speziellen Situation, die es Schulleitung, Referat, Schulamt und auch der Regierung von Oberbayern, die für die Grundschulen zuständig ist - die Stadt stellt nur die Räume zur Verfügung - nicht leicht macht. Im November hat die Schule das neue Schulzentrum an der Meindlstraße bezogen, wo sie zwar Hausherrin ist, doch das Gebäude mit drei weiteren Schulen teilt. Da der Platz für die Plinganserschüler dort nicht reicht, werden einige Klassen weiter im alten Schulgebäude unterrichtet - derzeit nur im Ostflügel, der Westflügel wird saniert.

Kürzlich wurde die Lage für die Schulleitung noch herausfordernder: Die Bauarbeiten am Westflügel des alten Schulhauses verzögern sich, diese Räume können nicht, wie geplant, nach den Ferien bezogen werden. Und im April, nach der Schuleinschreibung, zeigte sich, dass noch mehr Klassenzimmer und Betreuungsräume fehlen: Es meldeten sich mehr Kinder an als vom RBS prognostiziert: Im kommenden Schuljahr steigt die Schülerzahl von 325 auf 371. Die Reaktion im Schulreferat: Die Schule an der Plinganserstraße soll von September an Offene Ganztagsschule (OTGS) werden und damit selbst die Nachmittagsbetreuung in die Hand nehmen.

In der Schule wurde das sehr begrüßt. Allerdings fragt man sich dort: Wie soll das angesichts der Kürze der Zeit und der Probleme zu machen sein? Sie werde sich mit allen zur Verfügung stehenden Mittel einsetzen, betont Schulleiterin Ulrike Bauer immer wieder. Und sie gehe fest davon aus, dass das klappt - die Frage sei nur, wie. Zu wenige Räume, kein Personal, keine Finanzierung, wie soll man in drei Monaten eine OGTS aus dem Boden stampfen - mit einer funktionierenden Nachmittagsbetreuung? Auch ist die Gründung einer OTGS nicht die einzige Herausforderung, vor der die Schule steht: Die Schulleiterin muss gleichzeitig eine Großbaustelle, ein zweigeteiltes Schulhaus, Raumnot und Baubeanstandungen in der Meindlstraße managen. Und die Schule will auch geleitet werden.

Die Schulfamilie vermisst tatkräftige Hilfe bei der Gründung der Ganztagsschule. In ihrem Hilferuf-Brief hat Ulrike Bauer eine ganze Reihe von Forderungen aufgestellt. Sie fordert Personal für die OGTS für neun Klassen und die Vermittlung von Kooperationspartnern. Sie will Unterstützung, damit die Beantragungsfristen für eine OGTS eingehalten werden können, beim Erstellen der Verträge und bei der finanziellen Planung. Sie fordert, dass der Westflügel termingerecht fertig wird und dass die bestehenden Mittagsbetreuungen, die hervorragend funktionierten, ausnahmsweise als Elterninitiativen vorübergehend weitergeführt werden - damit sich die Lage ein wenig entspannt. Laut Bildungsreferat führen Schulleitung, Referat für Bildung und Sport, Regierung von Oberbayern sowie das Staatliche Schulamt intensive Gespräche, um eine Lösung im Sinne der Kinder, Eltern und Lehrer zu finden. Die Schule werde dabei von der Stadt "nach Kräften unterstützt", heißt es.

Wie schnell die Lage an der Plinganserschule eskaliert ist, zeigte sich beim Tag der offenen Tür der Stadt München am vergangenen Samstag. Eine alleinerziehende Mutter nutzte da den Besuch bei Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD), die für sie unlösbare Situation, im Falle einer Ganztags-Lösung zwölf Ferienwochen im Jahr ohne Betreuung dazustehen, direkt im OB-Büro zu schildern. Das von Reiter dazu erbetene "Brieflein" hatte sie gleich mitgebracht.

© SZ vom 10.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: