Sendling:Ein Ja und viele Klauseln

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Die Sendlinger Lokalpolitiker stimmen dem Gasteig-Ausweichquartier zu, pochen aber auf den Verbleib der Kreativ-Szene

Von Birgit Lotze, Sendling

Der Sendlinger Bezirksausschuss (BA) will keinesfalls verhindern, dass der Gasteig auf das Stadtwerke-Areal am Heizkraftwerk Süd (HKW) zieht, doch er stellt Bedingungen. Zumindest eine davon könnte große Auswirkungen auf das Münchner Kulturzentrum haben: "Die 68 Betriebe - Künstler und Gewerbe - dürfen nicht vertrieben werden", heißt es im ersten Satz einer Stellungnahme des BA. Gelinge es nicht, die rund 400 Künstler und Gewerbetreibenden, die dort arbeiteten, in den Gasteig-Betrieb zu integrieren oder ihren Platz an der Hans-Preißinger-Straße 8 zu erhalten, ohne akzeptablen Ersatz zu sichern, werde der BA nicht zustimmen. Das Gremium gab die Stellungnahme am Montag einstimmig ab und verwies auf seine Mitbestimmungsrechte bei der Ansiedlung von Kultureinrichtungen. Bislang hatten sich nur die Grünen so einhellig für die bestehende Kreativszene eingesetzt.

Die Stadtviertelpolitiker fordern eine Diskussion darüber, ob der Gasteig zwingend fast alle Abteilungen auf das Gelände mitbringen muss. Davon sind der Gasteig-Aufsichtsrat sowie Gasteig-Chef Max Wagner, zumindest kürzlich noch, ausgegangen - für den BA ein "sachlich kaum rechtfertigbares Dogma". Weitere Bedingung der Lokalpolitiker: Die Alternativplanung eines Architekten, der auch auf dem Gelände arbeitet, solle geprüft werden. In diesem Konzept teilen sich das Kreativquartier und der Gasteig das Areal.

Wichtig ist dem BA auch ein umfassendes Verkehrskonzept. Es müssten mindestens 250 Parkplätze neu eingerichtet werden, auf dem Gelände selbst und in einem neuen Parkhaus an der Großmarkthalle. Die Besucher sollen mit einem Shuttlebus zum Eingang an der Schäftlarnstraße gelangen. Unabdingbar sei die Taktverdichtung der U 3 und des Metro-Busses 54. Der Anteil des Anwohnerparkens müsse erhöht, der Radweg entlang des Isarkanals am HKW vorbei ausgebaut werden.

Weitere Voraussetzungen: Der Flaucher muss geschont werden. Die Stadtbibliothek Sendling solle während der fünfjährigen Interimsnutzung saniert werden, Sendlinger könnten dann die Bibliothek im Gasteig-Interim nutzen. Die Münchner Stadtwerke (SWM) müssten ihr Ausbildungszentrum auf dem Gelände frühzeitig freimachen, damit die Mieter dort unterkommen. Bei den SWM hieß es am Dienstag, man prüfe derzeit, ob das Zentrum in die SWM-Zentrale an die Emmy-Noether-Straße ziehen kann.

Manuela Olhausen (CSU), die auch dem Stadtrat angehört, berichtete in der Sitzung, dass derzeit vieles "in Bewegung" komme. Der Gasteig prüfe bereits Alternativen, ebenso die Verwaltung. "Auch die Stadt sieht sich in der Verantwortung." Man wolle nicht Kultur gegen Kultur ausspielen. Die Euphorie für die Interims-Lösung des Gasteigs am Flaucher während der Sanierung des Gebäudes an der Rosenheimer Straße hat in den vergangenen Wochen nachgelassen. Noch Anfang Oktober war Gasteig-Chef Wagner im BA davon ausgegangen, dass auf dem Gelände eine überschaubare Zahl von Betrieben angesiedelt sei - Zwischennutzer, darauf gefasst, bald dem Wohnungsbau Platz machen zu müssen. Doch die Mieter präsentierten sich als große kreative, über Jahrzehnte zusammengewachsene Gruppe, die sich keinesfalls als Zwischennutzer sieht, sondern als "einmaliges Biotop".

© SZ vom 08.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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