Schwanthalerhöhe:Aus aller Welt

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Begegnungen beim Internationalen Fest und im Flüchtlingscafé

Von Sonja Niesmann, Schwanthalerhöhe

Wenn man keine gemeinsame Sprache hat, ist es schwierig, sich anzunähern. Insofern war es eine wunderbare Idee von Albrecht Widmann aus dem Kirchenvorstand, für das erste Flüchtlingscafé in der Auferstehungskirche seine Mitmusiker von der "Munich West String Band" zusammen zu holen. Die älteren Herren greifen also in die Saiten - und neun schmale, dunkelhäutige Teenager rund um einen Tisch im Pfarrsaal schütteln ein Tamburin, klopfen auf eine Trommel, klappern den Rhythmus mit Löffeln mit.

"Meeting point for young refugees, their friends and Munich people" steht auf einem großen Schild am Eingang: Einmal im Monat, am letzten Samstag, will die evangelische Kirchengemeinde im Westend künftig junge minderjährige Flüchtlinge aus ganz München und jeden, der sie kennenlernen mag, ins "Café Unite" (vom englischen unite - sich verbinden, vereinigen) einladen. Das - vorläufige und noch ausbaufähige - Programm: Kuchen, Spiele, Begegnungen. In einer Ecke des Pfarrsaals kauert ein junger Mann am Boden und spielt mit Renate Zehelein Riesen-Mikado. Die pensionierte Fachlehrerin hat sich bereits im "Netzwerk Parkhotel" engagiert. Im April mussten die 70 jungen Flüchtlinge aus dieser Unterkunft im Westend wegen Brandschäden ausziehen. Renate Zehelein unterrichtet jetzt "ein bisschen Deutsch" in einer Pension in der Bayerstraße, in der fast alle der Jugendlichen aus Eritrea und Somalia wohnen, die an diesem Tag ins Café Unite gekommen sind. Dass es nicht mehr waren und so manches Kuchenstück am Büffet übrig bleibt, liegt wohl auch am Fastenmonat Ramadan. Viele Betreuer hätten mitgeteilt, dass ihre moslemischen Schützlinge deshalb an diesem Samstag nicht kommen, erzählt Ina Röpcke von der Auferstehungskirche.

Nach zwei Stunden verabschieden sich die Flüchtlinge, mit Lächeln und Dankesgesten. Sie wandern nur ein paar Schritte weiter, zum Gollierplatz. Dort ist das "Internationale Fest" in vollem Gang. Es ist Teil eines vierwöchigen Kultur- und Feier-Marathons im Viertel unter dem Motto "Westend hat ein Gesicht", der noch bis zum 11. Juli allerlei Lesungen, Konzerte, Stadtteilspaziergänge und Theateraufführungen bereithält (das nächste große Fest, am Griechischen Haus, steigt am Samstag, 4. Juli).

Vor dem mächtigen Bau der St. Rupert-Kirche vermischen sich die Düfte von Gyros und Bratwurst, Bulgursalat und Krautsalat, Waffeln und Wassermelone. Die junge Edite Domingos singt ihre eigenen Lieder, gefolgt von den Samba-Trommlern der "Münchner Ruhestörung", die oft auch Demonstrationen in München lautstark begleiten. Dass ein großer Sonnenschirm bedrohlich ins Kippen gerät, weil es seinen Betonsockel zersprengt hat, darf man aber wohl nicht der Schlagkraft dieser Musik anlasten. "Bluekilla", eine Münchner Ska-Band, kämpft mit einem schrill pfeifenden Mikro und der Herausforderung, beim zweiten Song gegen das anhaltende 18-Uhr-Läuten der Kirche anzusingen. Der guten Stimmung an den Tischen, wo Spanisch, Türkisch, Englisch, Griechisch, Italienisch und Deutsch - Westend hat viele Gesichter - zu hören ist, tut das keinen Abbruch.

Auf der Wiese hinter den Biertischen haben inzwischen zwei der jungen Flüchtlinge dem Tischkicker den Rücken gekehrt und spielen Fußball mit einem kleinen Blondschopf. Pfarrerin Iris Geyer liegt wohl richtig mit ihrer Überlegung, beim nächsten Unite-Treff am 25. Juli Fußball anzubieten. Auch Sport schafft die Verständigung ohne Worte.

© SZ vom 29.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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