Schwabing:Klotzen statt kleckern

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Kulturausschuss will Studie zu Atelierturm-Idee im Domagkpark

Von Stefan Mühleisen, Schwabing

Zuletzt war der Bezirksausschuss Schwabing-Freimann entzückt, jetzt hat sich auch der Kulturausschuss des Stadtrates nahezu hingerissen gezeigt von der Idee, auf dem Gelände des Kunsthofes im Domagkpark einen 60 Meter hohen Turm mit Ateliers zu errichten. "Es könnte ein Leuchtturm für die Kunst werden mit mindestens deutschlandweiter Strahlkraft", schwärmte Stadtrat Lars Mentrup, der für die SPD auch im BA sitzt. Sonja Haider (ÖDP) bekannte, "schwer begeistert" zu sein von der "wunderbaren Idee". Und die soll jetzt genau geprüft werden: Per einstimmigem Beschluss trug das Gremium am Donnerstag der Verwaltung via Änderungsantrag der grün-roten Regierungskoalition auf, eine Machbarkeitsstudie für ein Hochhausprojekt im Hof der Domagkateliers in Auftrag zu geben - und verfügte damit, dass für die von Planungs-, Kommunal-, Bau- und Kulturreferat präferierte, viel bescheidenere Planung erst einmal "die Pausetaste gedrückt wird", wie es Kulturreferent Anton Biebl ausdrückte.

Sein Haus hatte in der Beschlussvorlage eine "maßvolle Erweiterung" empfohlen - und nach Einschätzung der Lokalbaukommission dürfte ein 25 Meter hohes Gebäude mit Platz für 20 Ateliers dort entstehen, ohne ein aufwendiges Bebauungsplanverfahren durchzuziehen. Zügiger Atelier-Nachschub also auf diesem Gelände der ehemaligen Funkkaserne, das zum Wohngebiet Domagkpark umgebaut wurde. Davor gab es dort bis zu 300 Ateliers in den alten Militärgebäuden - eine der größten Künstlerkolonien der Republik, von der heute noch die dreiflüglige Anlage an der Margarete-Schütte-Lihotzky-Straße mit 102 Ateliers übrig ist.

Die Räume sind heiß begehrt; die Nachfrage, so legt das Kulturreferat dar, sei kaum zu decken. Hatte es vor sechs Jahren noch 187 Bewerberinnen und Bewerber gegeben, konkurrierten zuletzt 269 um einen Platz in den Domagkateliers. Der Mangel führte die Künstler-Vereine, die als Generalmieter fungieren, zu der Idee, gleich ganz groß zu denken: Sie ließen sich von Benedict Esche vom Münchner Architekturbüro Kollektiv A einen Entwurf erarbeiten. Er zeigt einen Hochhausturm mit 100 Ateliers, verteilt auf 17 Stockwerke. Fünfmal mehr Ateliers also - aber so zügig wie die kleinere Lösung der Stadt, geht das nicht.

Biebl gab in der Sitzung zu bedenken, dass wohl der Bebauungsplan geändert werden müsste, ein Vergabeverfahren nötig werde. "Ich verstehe das kulturpolitische Statement, doch es gibt viele Fragen bei der Finanzierung." Vor allem, ob man, wie bei der kleineren, städtischen Variante auch Fördermittel abrufen könne. Gleichwohl gab er sich hoffnungsvoll, dass in einem halben Jahr wohl die Ergebnisse einer Machbarkeitsstudie für einen Atelierturm vorliegen werden. Der Turm firmiert dabei als gleichwertige Alternative - und nicht als vorrangig zu behandelnde Variante, wie die CSU vergeblich per eigenem Änderungsantrag durchsetzen wollte.

Denkbar ist dabei, dass nicht die Stadt selbst, sondern ein Investor den Turm baut. Laut Lars Mentrup gibt es schon "zwei bis drei" Investoren, die Interesse bekundet hätten. ÖDP-Stadträtin Haider ermutigte hingegen die Verwaltung, eine Finanzierung durch Spenden und Stiftungen beziehungsweise ein "Crowdfunding-Projekt" zu prüfen, was Grünen-Fraktionsvorsitzender Florian Roth als "sehr charmante Idee" beurteilte.

Eine grobe Schätzung gibt es übrigens schon: Architekt Benedict Esche taxierte die Kosten, je nach Ausbauvariante, bereits zwischen elf und 15 Millionen Euro.

© SZ vom 04.12.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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