Schulsport:Bewegung für mehr Bewegung

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Flashmob for Future: Etwa 100 Schülerinnen und Schüler beteiligten sich an der Tanzchoreografie in der Turnhalle der Europäischen Schule. (Foto: privat/oh)

Die Europäische Schule in Neuperlach beteiligt sich am Wettbewerb des Sportlehrerverbandes.

Von Stefan Galler, München

Der Freitag hat sich in den vergangenen Monaten zu jenem Tag entwickelt, an dem (nicht nur) Schüler gerne mal ihre Meinung kundtun zu den Dingen, die so falsch laufen auf unserer Welt, dass sie deren Existenz und die Zukunft der nachfolgenden Generationen gefährden. Am vergangenen Freitag haben Kinder an der Europäischen Schule München in Neuperlach nicht für den Klimaschutz demonstriert, sondern ein Zeichen für ihr ganz persönliches Wohlbefinden gesetzt: Im Rahmen des Europäischen Schulsporttags legten etwa 100 Schüler einen choreografierten Flashmob-Tanz aufs Parkett der Schulturnhalle.

Zu harten Technobeats des Stücks "Turn It Up" des niederländischen Trance-DJs Armin van Buuren zeigte die bunt gemixte Gruppe, die zum Großteil aus Sechst- und Siebtklässlern besteht, ihren Tanz. Sportlehrer Bernd Auerhammer, früher selbst Kunstturner und aktuell noch immer bei der SpVgg Höhenkirchen-Siegertsbrunn im Landkreis München engagiert, koordinierte mit einigen jungen Gymnastikstudentinnen das Ensemble. Mädchen im Turndress bewegten sich neben Jungs in den verschiedensten Fußballtrikots. Vom FC Barcelona, über den FC Liverpool und Racing Straßburg bis zum SV-DJK Taufkirchen reichte die internationale Palette der Klubs. Noch breiter ist die Schule aufgestellt, was die Herkunft ihrer Schüler angeht: "Wir haben Kinder aus allen Staaten der Europäischen Union", sagt Martin Duggen, Direktor der Höheren Schule an dieser Lehranstalt, die auch einen Kindergarten und eine Grundschule unter ihrem Dach hat.

Mit einem während des Flashmobs gedrehten Videoclip macht die Europäische Schule beim Wettbewerb anlässlich des europaweiten Schulsporttages mit, es gibt attraktive Requisiten für den Sportunterricht zu gewinnen. Vor allem aber wollen die Initiatoren vom Landesverband des Deutschen Sportlehrer-Verbands (DSLV) mit dieser Aktion ein Zeichen setzen für den Schulsport und dessen Bedeutung. "Nur der Schulsport garantiert doch, dass sich die Kinder heute überhaupt noch bewegen", sagt Gabriela Bastian, Leiterin der Kleine-Nestler-Schule München (KNS), der Berufsfachschule für staatliche geprüfte Gymnastiklehrkräfte, die das Projekt der Kollegen in Neuperlach unterstützt. Die Forderungen der Sportlehrer an die Politik sind klar umrissen: "Erst einmal sollen die Sportstunden überhaupt stattfinden und nicht, wie es leider immer häufiger der Fall ist, den fehlenden personellen und räumlichen Kapazitäten zum Opfer fallen", so Bastian. Dafür sei es wichtig, dass die Eltern mit den Lehrern an einem Strang zögen: "Es gibt immer einen großen Aufschrei, wenn Deutsch oder Mathe ausfällt. Dabei haben doch schon 1000 Studien erwiesen, wie wichtig Bewegung ist. Und wenn ein Kind nicht im Verein Sport treibt, bleibt eben nur der Schulsport." Im Idealfall soll dann auch eine dritte Sportstunde fester Bestandteil der Stundenpläne werden.

Der DSLV ist wegen der aktuellen Problematik längst mit Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) im Dialog. Kernpunkt der Gespräche ist der Lehrermangel, vor allem Fachkräfte für den Sport sind rar. So gibt es an Grundschulen nur sehr selten qualifiziertes Personal, die Klassenlehrer machen den Sportunterricht nebenbei mit.

Gabriela Bastian hofft, mit ihrer KNS an der Linderung des Problems teilhaben zu können, doch dazu müsste eine Gesetzesänderung her: Absolventen der Berufsfachschule für staatlich geprüfte Gymnastiklehrkräfte dürfen nämlich nur befristet im Schuldienst arbeiten. "Nach zwei, spätestens drei Jahren müssen diese Lehrer die Schulen wieder verlassen", klagt Bastian. Dabei sei die Ausbildung an der KNS top, auch im pädagogischen Bereich würde jeder Auszubildende 800 Unterrichtsstunden bekommen. "Ich hoffe sehr, dass wir eine Chance bekommen, denn die Möglichkeit, dass unsere Absolventen unbefristet als Lehrer arbeiten können, würde auch die Attraktivität der KNS noch einmal steigern", sagt Bastian.

Die Kinder starten unterdessen den zweiten Durchlauf ihres Tanzes. Voll engagiert werfen sich die Schüler in Position. Die Stimmung ist bestens, schließlich steht das Wochenende vor der Tür. Und außerdem setzt Sport bekanntlich Glückshormone frei. Gilt offenbar auch für den Schulsport.

© SZ vom 30.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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