Schauspiel und mehr:Party im Achtspartenhaus

Lesezeit: 3 min

Bei der Jubiläumsfeier verleiht Christiane Brammer erstmals den "Preis der Leidenschaft". Der würde der Intendantin, die unermüdlich für ihr Haus im Einsatz ist, durchaus selbst zustehen. (Foto: Catherina Hess)

Die Schauspielerin Christiane Brammer hat vor drei Jahren das Hofspielhaus im Herzen Münchens gegründet. An diesem Samstag feiert das genreübergreifende Privattheater das bisher Erreichte

Von Barbara Hordych

Will man Christiane Brammer treffen, gibt es eigentlich nur einen Ort: ihr Hofspielhaus. Vor drei Jahren hat sie es eröffnet, die Schauspielerin und Intendantin hält sich nach eigener Einschätzung etwa 18 Stunden am Tag dort auf. "Ich kümmere mich eben um all das, was in einem mittelständischen Unternehmen anfällt", erzählt sie in der Sitzecke im oberen Stockwerk des kleinen Privattheaters in der Falkenturmstraße, dessen Zuschauerraum unten im Keller maximal 80 Besucher fasst. Im Hintergrund des Gesprächs laufen "unten" die Proben zu dem musikalischen Lustspiel "Zu Tisch bei König Ludwig II.", die Sopranistin Barbara Sauter singt sich ein.

"Diese Eigenproduktion bietet genau das, was ich so liebe: einen Unterboden, also neben der Unterhaltung auch Geschichtliches, dazu in Vergessenheit geratene historische Musiken, für die der Autor und Regisseur Sebastian Brummer lange in der Staatsbibliothek recherchiert hat", sagt die Intendantin. Im Mittelpunkt stehe der Brauch, einmal im Jahr einen "Rollentausch" vorzunehmen und ein Dienerpaar einzuladen, um im großen Saal zu speisen. "Dieser Brauch ist historisch verbürgt; bei uns kommt noch hinzu, dass auch Ludwig höchstpersönlich anwesend ist", erzählt Brammer.

Eigentlich kann sie für jede der Aufführungen in ihrem kleinen Haus aus dem Stand heraus ein leidenschaftliches Plädoyer halten. "Das hängt mit dem Luxus zusammen, dass ich mir alle Künstler, die hier arbeiten, selbst ausgesucht habe." Zu ihnen gehören André Hartmann, Gabi Lodermeier, Veronika von Quast, Sascha Fersch oder Dominik Wilgenbus - sie alle sind auch mit dabei, wenn das Hofspielhaus an diesem Samstag seine "Happy Birthday-Party" feiert. Was lässt so viele von ihnen, die sonst viel größere Säle bespielen, immer wieder auf die feine, aber doch kleine Bühne zurückzukehren? "Ich finde es fantastisch, dass ich hier dem Publikum praktisch auf dem Schoß sitzen kann - und jede Vorstellung ihre ganz eigene Energie entwickelt", beschreibt der Entertainer Chris Kolonko den ganz speziellen Charme des Hofspielhauses, dem er zuletzt mit seinem famosen Marlene-Dietrich-Programm drei ausverkaufte Abende bescherte. Am Sonntag war das Publikum älter, das hat im Haus Tradition, hängt mit dem frühen 18-Uhr-Termin zusammen. Anders indes am Samstag, "da war hier richtig Party nach der Vorstellung, eine Atmosphäre, in der ich am liebsten wie seinerzeit Marlene nach ihren Auftritten für alle noch gekocht hätte", erzählt Kolonko.

Ihr "Zwitterunternehmen zwischen Gastronomie und Theater" führt Brammer mit vier fest angestellten Mitarbeitern, vielen Teilzeitkräften, Schülerpraktikanten und Freelancern. Die Leidenschaft "für Münchens einziges Achtspartenhaus", wie Brammer es nennt, eine sie alle. "Wir haben Oper, Operette, Schauspiel, Kabarett, Tanz, Lesungen, klassische und moderne Konzerte", zählt die Intendantin auf. Nicht zu vergessen ihr "Lieblingsbaby", der Jugendclub. In diesem Jahr zeigte die Gruppe, deren Mitglieder zwischen zwölf und 18 Jahre alt sind, passend zum Faust-Festival ihre ganz eigene Interpretation "Faust Fake Faust" - in der sie Goethes Ursprungstext mit sehr heutigen Zitaten von Donald Trump bis Heidi Klum aufs Erhellendste verquickten. Die Produktion erwies sich als Publikumsrenner, "wir hatten hier vier Vorstellungen vor teilweise hundert Leuten, die sich dicht gedrängt oben und unten verteilten", schwärmt Brammer noch immer.

Am 12. November soll die nächste, wieder selbst geschriebene Produktion des Jugendclubs starten, unter der Leitung von Autor und Regisseur Sascha Fersch, der im Sommer auch die poetische Open-Air-Fassung des "Kleinen Prinzen" im Innenhof des Hofspielhauses inszenierte. Mit den Jugendlichen will er Georg Büchners "Leonce und Lena" in die Zeiten von Tinder und Instagram übersetzen. "Wir freuen uns sehr über neue Teilnehmer. Einige sind uns zwar geblieben, aber viele haben in diesem Jahr Abitur gemacht und sind jetzt in alle Winde verstreut", sagt Christine Brammer. Der Erlös des Happy-Birthday-Programms soll denn auch dem Jugendclub zu Gute kommen.

"Man darf halt nie vergessen, dass wir kein subventioniertes Haus sind", sagt Brammer. Vielleicht ändert sich das 2019: Nachdem das Hofspielhaus nun lange genug besteht, konnte die Intendantin in diesem Jahr erstmals Theaterförderung beim Kulturreferat beantragen. "Es wäre schön, ein bisschen mehr Luft zu bekommen, so dass meine Tage nicht mehr 18 Stunden haben", sagt Brammer. Denn das "Geschäft der Fiktion" bedeute eben viel Arbeit. Und sei nur mit Leidenschaft zu bewältigen. Die darf aber sichtbar sein. Etwa mit dem "Preis der Leidenschaft", den Brammer am Samstag erstmals verleihen will.

Drei Jahre Hofspielhaus - Happy-Birthday-Party , Samstag, 27. Oktober, 20 Uhr, Hofspielhaus, Falkenturmstraße 8

© SZ vom 26.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: