Roman "Die Unschärfe der Welt":Denken und Fühlen

(Foto: N/A)

Iris Wolff: "Die Unschärfe der Welt"

Von Antje Weber

Sie spürt "Worten gegenüber ein nie ganz aufzulösendes Unbehagen". Damit übernimmt die Figur Florentine, die Iris Wolff als erste in ihren Roman "Die Unschärfe der Welt" einführt, auch gleich eine Einführung in die Poetik ihrer Autorin: Die junge Florentine, in einem Dorf im rumänischen Banat mit einem Pfarrer verheiratet, fühlt sich durch die "Unschärfe" von Aussagen verunsichert. Sie bevorzugt es, in Gedanken "zuzuhören, was die Wörter miteinander verhandelten, welche Erinnerungen sie anrührten. Sie waren in einem unbestimmten Raum angesiedelt, in dem Denken und Fühlen ineinander übergingen."

Diesen Raum lotet Iris Wolff in ihren Romanen mit großer poetischer Kraft aus. Und sie wechselt in ihrem neuen Episodenroman auch konkret zwischen verschiedenen Orten: Wieder ist der Banat der erzählerische Ausgangspunkt der in Hermannstadt geborenen Autorin; in "Die Unschärfe der Welt" geht es ums Weggehen, ums Ankommen oder auch Fremdbleiben. So flüchtet Florentines Sohn Samuel in einer spektakulären Flugzeugaktion vor den Repressionen der Ceausescu-Ära in Richtung Westen, lässt sich später mit seiner Familie in Baden-Württemberg nieder. In wechselnden Perspektiven spürt Wolff den Wahrnehmungen ihrer Figuren nach - und den Veränderungen. "Alles sah aus wie immer", denkt ein Freund von Samuel, als er mit ihm nach dem Sturz des Diktators wieder in den Banat reist. "Und war nicht wie immer."

Iris Wolff: "Die Unschärfe der Welt", Verlag Klett-Cotta, 215 Seiten, 20 Euro

© SZ vom 19.11.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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