Renovierungsaktion Müllerstraße:Goldgrund streitet Trickserei-Vorwürfe ab

Lesezeit: 2 min

Die Goldgrund-Aktion in der Müllerstraße. (Foto: Stephan Rumpf)

Haben die Goldgrund-Gorillas bei ihrer Renovierungsaktion in der Müllerstraße geschummelt? Kommunalreferent Axel Markwardt wirft den Aktivisten der Satireorganisation vor, sie hätten sich keine marode, sondern eine bereits von der Stadt hergerichtete Wohnung vorgeknöpft. Bei den Beteiligten von damals stößt das auf Verwunderung.

Von Peter Fahrenholz und Dominik Hutter, München

Die Bilder aus dem Frühjahr 2013 haben sich vielen Münchnern eingeprägt - und eine intensive Debatte über leer stehende städtische Wohnungen ausgelöst: Ein weiß gewandeter Renovierungstrupp mit Gorillamasken macht sich an einer maroden Wohnung in der Müllerstraße zu schaffen, die nach einer ebenso provisorischen wie preisgünstigen Pinsel-Session plötzlich wieder wie ein Schmuckkästchen erstrahlt.

Von wegen unbewohnbar - die Stadt wollte das Fünfzigerjahre-Haus an der Ecke Müller-/Corneliusstraße eigentlich abreißen. Nach Auskunft des städtischen Kommunalreferenten Axel Markwardt ging es dabei allerdings nicht immer ganz sauber zu. Die Satireorganisation Goldgrund, so behauptet der kommunale Spitzenmann, habe um des Effekts willen gehörig getrickst und sich eine bereits von der Stadt hergerichtete Wohnung vorgeknöpft. Die Aktivisten von damals weisen die Vorwürfe zurück.

Mit dem humoristischen Spektakel, an dem unter anderem der Regisseur Marcus H. Rosenmüller, der inzwischen verstorbene Kabarettist Dieter Hildebrandt und der Ex-Fußballer Mehmet Scholl teilnahmen, wollte Goldgrund beweisen, dass marode Wohnungen mit vergleichsweise geringem Aufwand wieder bewohnbar gemacht werden können, und damit auch, dass es weder eine Ausrede gibt, sie längere Zeit leer stehen zu lassen, noch einen Grund, das ganze Haus abzureißen.

Allerdings war nach Darstellung Markwardts der Aufwand, die Wohnung wieder bewohnbar zu machen, keineswegs so gering wie es nach den damaligen Berichten den Anschein hatte. Mit Ausnahme einer einzigen, tatsächlich leer stehenden Wohnung, seien damals bereits sämtliche Appartements in der Müllerstraße von der Stadt aufpoliert und zur Zwischennutzung vergeben worden.

Aktivisten sprechen von versiffter Bude

Die Goldgrund-Aktivisten hätten dann lediglich die bereits fertiggestellte Sanierung veredelt, indem zum Beispiel ein teurer Parkettboden verlegt worden sei, "wie ihn die Stadt niemals eingebaut hätte". Die Vorher-Nachher-Bilder, so betont Markwardt, seien in zwei verschiedenen Stockwerken entstanden - die einen in der leeren, unrenovierten Wohnung, die anderen in den Räumen, in denen Goldgrund gewerkelt hatte. "Das war ein Fake", erklärt der Kommunalreferent.

Bei Goldgrund zeigt man sich erstaunt über die Vorwürfe. "Schmarrn" sei das, entfuhr es Lustspielhaus-Betreiber Till Hofmann. "Das war eine total versiffte Bude." Auch die Designerin Ziska Thalhammer kann sich nicht vorstellen, dass die Räume bereits von Handwerkern auf Vordermann gebracht waren. "Siffig", lautet auch ihr Urteil über die Wohnung, die vom Sozialreferat an einen Flüchtling vergeben gewesen sei.

Protestvideo gegen Gentrifizierung
:Rappende Gorillas renovieren Abrisshaus

Kreativer Protest: Im Netz ist ein Video aufgetaucht, das sich für den Erhalt eines Wohnhauses in München samt Bolzplatz starkmacht. Darin renovieren als Gorillas verkleidete Aktivisten eine Wohnung. Am Ende des Clips nehmen die Affen die Masken ab.

Von Beate Wild

Der Fußboden sei eklig gewesen, die Balkonbrüstung marode, und die Fensterrahmen habe man komplett abschleifen müssen. Allerdings räumen beide ein, auch in einer zweiten Wohnung gewesen zu sein, in die man die Habe des Flüchtlings ausgelagert habe. Und dass in beiden Wohnungen fotografiert worden sei. Dennoch streitet Hofmann ab, geschummelt zu haben. Es handle sich eindeutig um ein und dieselbe Wohnung.

In der Leerstands-Debatte, die durch die Goldgrund-Aktion maßgeblich angeheizt wurde, hat die von Markwardt angeführte Sanierung durch die Stadt nie eine Rolle gespielt. Bekannt war lediglich, dass die betreffenden Räume keineswegs unbewohnt waren. Vielmehr hatte sich die Verwaltung zerknirscht gegeben. Man habe sich nicht mit Ruhm bekleckert, erklärte Markwardt noch wenige Tage nach der Aktion im Stadtrat.

Der damalige Oberbürgermeister Christian Ude (SPD), der früh Sympathie für den prominenten Handwerker-Trupp zeigte, sprach sogar von Zweckentfremdung durch die Stadt. Man verständigte sich darauf, dass Handwerker das Haus provisorisch auf Vordermann bringen - was eigentlich nicht zu der Auskunft passt, alle Wohnungen bis auf eine seien bereits hergerichtet gewesen. Laut Markwardt war die zuständige Mitarbeiterin, die über alle Fakten Bescheid wusste, damals im Urlaub.

© SZ vom 13.06.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: