Reichenbachstraße:Gotteshaus mit Farbenrausch

Lesezeit: 2 min

Gelber Marmor, sanftes Beige - und auch kräftige Farben gibt es in der Synagoge an der Reichenbachstraße. (Foto: Stephan Rumpf)

CSU und SPD wollen die letzte verbliebene Synagoge aus der Vorkriegszeit sanieren

Von Alfred Dürr, München

Die ehemalige Synagoge an der Reichenbachstraße im Gärtnerplatzviertel fristet ein tristes Dasein. Seit der Eröffnung des jüdischen Gemeindezentrums im Jahr 2006 mit der neuen Synagoge auf dem Sankt-Jakobs-Platz verfällt das rückwärtige Gebäude an der Reichenbachstraße immer mehr. Nun unternehmen die Fraktionen von CSU und SPD im Rathaus gemeinsam einen Vorstoß, das Bauwerk zu sanieren. Die Stadt, der Freistaat Bayern und der Bund sollten sich demnach zu je einem Drittel an den Kosten beteiligen. Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) solle entsprechende Verhandlungen aufnehmen, heißt es in einem Antrag der beiden Fraktionen.

Die Synagoge an der Reichenbachstraße wurde 1931 eröffnet - sie war die letzte, die man vor 1945 errichtete. Architekt war Gustav Meyerstein, der sie im Stil der Bauhausmoderne entwarf. Auch in Israel hatte Meyerstein viele Gebäude nach diesem Konzept geplant. Die Synagoge entfaltete besonders im Innern eine spezielle Wirkung. In einer Beschreibung ist von einem Farbenrausch aus Türkis an den Wänden die Rede. Diese Farbe kontrastiere das Gelb des Marmors und das sanfte Beige der Glasdecke. Der Vorraum erglühe in pompejischem Rot.

Die Buch- und Literaturhändlerin und Publizistin Rachel Salamander hat vor einigen Jahren den Verein "Synagoge Reichenbachstraße" mitinitiiert. Ziel ist es, das jüdische Gotteshaus zu retten. "Unsere Generation hat die Pflicht, diesen letzten Bau des Münchner Vorkriegsjudentums zu erhalten", sagt Salamander.

Anfang 2013 hatten der damalige Kunstminister Wolfgang Heubisch (FDP) und der ehemalige Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) die Synagoge besichtigt. Auch für sie war klar, dass der Komplex saniert werden muss. Der Architekt Christoph Sattler, Gründungsmitglied des Vereins, ging seinerzeit davon aus, dass man mit sechs Millionen Euro den Bau und die darunter liegenden Gewölbe einer einstigen Brauerei nach dem Originalentwurf Meyersteins restaurieren kann. Dies sei allerdings eine Schätzung "ganz am Anfang der Überlegungen" gewesen, sagt Salamander. Die Summe liege heute mit Sicherheit viel höher.

Der Bund hatte damals 200 000 Euro aus dem Denkmalschutz-Etat der Bundesregierung für eine bauliche Untersuchung zur Verfügung gestellt. Doch nach diesen ersten Aktionen trat Stillstand ein. Rachel Salamander macht dafür vor allem den "politischen Wechsel auf allen Seiten" verantwortlich - im Vorstand der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, in der Staatsregierung und im Rathaus. Die Probleme der alten Synagoge seien dabei etwas in den Hintergrund geraten. "Jetzt haben wir aber die Durststrecke überwunden", sagt Salamander.

Sie erhofft sich durch den Antrag von CSU und SPD einen kräftigen Schub. Aus der Synagoge solle eine Begegnungs-, Diskussions- und Veranstaltungsstätte für alle Bürger werden. In Verbindung mit dem Jüdischen Zentrum könne man sich einen "Rundgang des jüdischen Lebens" vorstellen.

© SZ vom 28.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: