Prozess:"Wir werden unseren Sohn lebenslang vermissen"

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Gabi P. soll ihren Freund beim Sex mit der Kreissäge getötet haben. Staatsanwaltschaft fordert lebenslänglich

Von Susi Wimmer

Egal wie das Urteil ausfalle, "wir werden unseren Sohn lebenslang vermissen und leiden". Mit ergreifenden Worten der Mutter des Opfers sind am Freitagvormittag vor dem Landgericht München I die Plädoyers im sogenannten Kreissägen-Mord zu Ende gegangen. Die Staatsanwaltschaft forderte für die Angeklagte Gabi P. eine lebenslange Freiheitsstrafe wegen Mordes, die Verteidigung hingegen plädierte auf Totschlag und hielt zehn Jahre Haft für angemessen. Das Urteil wird am Freitag in einer Woche verkündet.

Die Pädagogikstudentin Gabi P. und Alexander H., das spätere Opfer, lebten gemeinsam fünf Jahre lang in einem kleinen Einfamilienhaus in Haar. Laut der Angeklagten habe Alexander H. zwei Gesichter gezeigt. Er soll sie gedemütigt und zu extremen Sexspielen genötigt haben. Die Staatsanwaltschaft ging in ihren Ausführungen davon aus, dass Gabi P. im Dezember 2008 ihren Freund während des Geschlechtsverkehrs heimtückisch ermordet hat. Das Opfer sei währenddessen ans Bett gefesselt gewesen und habe durch eine abgeklebte Schwimmbrille nichts sehen können. Dann habe Gabi P. die Handkreissäge, die wegen Heimarbeiten noch neben dem Bett lag, ergriffen, eingeschaltet und dem Opfer zweimal kurz gegen den Hals und dann gegen die Brust gedrückt. Durch die völlige Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers sei das Mordmerkmal der Heimtücke erfüllt. "Da es sich aber letztendlich um eine Beziehungstat gehandelt hat, hat die Staatsanwaltschaft keine besondere Schwere der Schuld gesehen", sagte Anne Leiding, Pressesprecherin der Staatsanwaltschaft.

Nach der Tat ließ Gabi P. die Leiche des 28-Jährigen gut ein halbes Jahr auf dem abgesperrten Dachboden des Hauses liegen. Der neue Lebensgefährte von Gabi P. entdeckte den Toten und vergrub ihn 2009 zusammen mit einem Freund im Garten des Hauses. Erst sechs Jahre später, im Dezember 2015, flog die Tat auf. Der neue Freund hatte im Alkoholrausch herumerzählt, dass das Haus in Haar "ein dunkles Geheimnis" berge. Im Januar 2016 entdeckte die Polizei die sterblichen Überreste des Getöteten im Garten und nahm Gabi P. fest.

In ihrem Plädoyer hielt die Staatsanwaltschaft die Aufzeichnungen für ausschlaggebend, die Gabi P. zwei Jahre nach der Tat in ein Heft geschrieben hatte. Dort schilderte sie laut psychiatrischem Gutachten detail- und emotionsreich den Hergang der Tat. Der Gutachter stufte die Aufzeichnungen als realistisch ein. Laut dem Plädoyer der Staatsanwaltschaft, das unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfand, sei der Tagebuch-Eintrag in Kombination mit den Ergebnissen der Rechtsmedizin stimmig. Gerade diesen Punkt sah Verteidigerin Birgit Schwerdt anders. Die Aufzeichnungen könnten auch eine "Vermengung aus Realität und Vorstellung sein, um sich selbst zu rechtfertigen, um Gefühle aufzuarbeiten", sagte sie nach ihrem Plädoyers. Es sei nicht erwiesen, dass das Opfer zum Tatzeitpunkt die Schwimmbrille aufhatte und gefesselt war. "Das liegt alles im Bereich des Spekulativen."

Gabi P., die sich nach eigenen Worten nicht an den Tatabend erinnert, entschuldigte sich in ihrem Schlusswort tränenreich. Zuvor hatte die Mutter des Opfers erneut erklärt, dass sie keine Rache- oder Hassgefühle gegenüber der Täterin hege. Ihr Sohn sei nie gewalttätig gewesen, sagte sie. Wenn man dann lese, dass er ein Sexmonster gewesen sein soll, "dann stirbt er zum zweiten Mal".

© SZ vom 13.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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