Prozess vor dem Landgericht:Triebtäter aus Langeweile

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Fünf Jahre lang jagte eine Sonderkommission einen Mann mit schwarzer Kappe, der 17 Frauen überfiel und vier von ihnen vergewaltigte. Ab Montag steht Pavo P. in München vor Gericht, die Taten waren für ihn offenbar ein Ventil.

Christian Rost

Für die betroffenen Frauen waren die Übergriffe wahre Albträume. Für die Münchner Polizei bedeuteten die nächtlichen Streifzüge des "Grapschers", wie er bei den Ermittlern genannt wurde, eine Katastrophe für das Sicherheitsempfinden in der Stadt. Fünf Jahre lang jagte eine Sonderkommission den Mann mit der schwarzen Kappe, der 17 Frauen überfiel und vier davon vergewaltigte. Am 10. September 2010 wurde Pavo P. in Giesing festgenommen. 30 Polizisten hatten auf ihn gewartet. Vom kommenden Montag an wird dem 41-Jährigen am Landgericht München I der Prozess gemacht.

Im Verfahren vor der dritten Strafkammer wird keine langwierige Beweisaufnahme nötig sein. Der Angeklagte ließ das Gericht bereits über seinen Verteidiger Raimund Förschner wissen, dass er alle ihm zur Last gelegten Taten gestehen werde. "Er will den Opfern eine Aussage vor Gericht ersparen", so Förschner zur SZ. "Es gibt ja kaum Schlimmeres für Frauen, als nachts von einem Mann überfallen zu werden."

Laut Anklage war P. von Juni 2005 bis August 2010 immer wieder in Giesing, Neuperlach, Trudering, Neuhausen und Pasing unterwegs, um Frauen zu überfallen. Seine Opfer waren überwiegend zierlich und hatten lange Haare. Mit insgesamt 31 Fällen brachte ihn die Polizei in Verbindung, 17 sind nun angeklagt.

Pavo P. fuhr nachts mit seinem Peugeot mit Ebersberger Kennzeichen in München umher, bis er ein Opfer sah und zu Fuß die Verfolgung über zehn bis 15 Minuten aufnahm. In dunklen Ecken fiel er dann über die Frauen her. In den meisten Fällen griff ihnen an die Brust oder zwischen die Beine und verschwand sofort bei heftiger Gegenwehr. In vier Fällen, so die Ermittler, habe P. aber die Frauen vergewaltigt. Eine 22-jährige Studentin, sein letztes Opfer am 12. August 2010, soll sich aus Todesangst nicht gegen den Mann zur Wehr gesetzt haben.

Psychisch krank ist Pavo P. nicht

Für den Angeklagten, der sagt, er habe noch viel öfter Frauen verfolgt, ohne dass es zu Übergriffen gekommen sei, waren die Taten offenbar ein Ventil. In seinen Vernehmungen gab er an, sich aus Langeweile oder in Stresssituationen auf die Suche gemacht zu haben. Anschließend habe er in seiner Wohnung mit Schuldgefühlen zitternd im Bett gelegen. Dennoch konnte er diesen Trieb nicht stoppen. Psychisch krank ist P. dennoch nicht, es handelt sich in seinem Fall wohl um eine massive Form des Stalkings, das mit der Zeit immer heftigere Vorgehensweisen des Täters zur Folge hat.

P. selbst sieht inzwischen eine Therapie im Gefängnis als dringend erforderlich an. Denn die Wurzeln für sein Handeln liegen tief. Seit seinen Kindertagen, als ihn die als tyrannisch beschriebene Mutter regelmäßig bei Zuspätkommen bestrafte, indem sie ihn zu Hause aussperrte, lief P. nachts durch die Stadt.

Der gebürtige Kroate gab an, schon damals Frauen nachgegangen zu sein, nur um sich die Zeit zu vertreiben. Auch während seiner beiden gescheiterten Ehen behielt er dieses mittlerweile zwanghafte Verhalten in Konfliktsituationen bei. Zunehmend spielte jedoch eine sexuelle Komponente eine Rolle: Zunächst sprach P. Frauen nur an. Später fragte er, ob sie mitkommen wollten - und schließlich fiel er über sie her, stets darauf bedacht, ihnen nicht ins Gesicht zu sehen.

© SZ vom 05.08.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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