Prozess um Frühlingsfest-Schlägerei:Bayern-Fans prügeln BVB-Anhänger nieder

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Sie sollen einen 21-Jährigen auf dem Münchner Frühlingsfest fast zu Tode getreten haben und stehen nun vor Gericht. Doch der Prozess gegen drei Fans des FC Bayern hat mit einer Überraschung begonnen: Eine Schöffin wurde ausgeschlossen.

Von Christian Rost

Der Streit unter rivalisierenden Fußballfans 2013 auf dem Münchner Frühlingsfest endete beinahe tödlich: Drei junge Männer im Alter von damals 16 bis 20 Jahren sangen ein Schmählied auf den Fußball-Bundesligisten Borussia Dortmund: Nun stehen sie wegen versuchten Totschlags vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft wirft den Angeklagten vor, in blinder Wut auf den Kopf eines heute 23-Jährigen eingetreten zu haben. Das Opfer leidet noch immer an Lähmungserscheinungen in den Beinen und an Gedächtnisverlust. Zum Prozessauftakt am Montag vor der Jugendkammer des Landgerichts stritten die Angeklagten ab, gegen den Kopf des Mannes getreten zu haben.

Der Prozess begann mit Irritationen im Gerichtssaal. Eine Schöffin war am Morgen vor dem Justizgebäude ins Gespräch vertieft mit dem Vater eines Angeklagten beobachtet worden. Sie duzte den Mann, der ihr als Nachbar einer Freundin bekannt war. Drei Mal hatte sie ihn auf privaten Feiern getroffen. Die Verteidigung nutzte diesen Umstand zu einem Befangenheitsantrag, woraufhin die Schöffin von der Verhandlung ausgeschlossen werden musste. Erst mit einiger Verzögerung und veränderter Besetzung konnte die Jugendkammer am Nachmittag die Beweisaufnahme beginnen.

Nach Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft verließen die drei Angeklagten am 4. Mai 2013 gegen 23 Uhr das "Bayerland-Festzelt". Auf dem Weg zur U-Bahn stimmte wenigstens einer von ihnen ein Schmählied auf die Dortmunder Mannschaft an. Die Borussen hatten an jenem Sonntag 1:1-Unentschieden gegen den FC Bayern gespielt. Eine Gruppe um das spätere Opfer hörte das und forderte die Grölenden auf, "die Fresse zu halten". Sofort gerieten beide Parteien aneinander. Ehe es jedoch zu Handgreiflichkeiten kommen konnte, griffen Polizeibeamte in Zivil ein, die zufällig in der Nähe gestanden hatten.

Die Angeklagten gingen zunächst weiter Richtung U-Bahn, in Höhe des Fahrgeschäfts "Top Spin" fing sie das spätere Opfer mit zwei Begleitern ab. Es kam erneut zu einer Konfrontation, wobei der 23-Jährige einem der Angeklagten offenbar mit der Faust ins Gesicht schlagen wollte. Der missglückte Angriff endete damit, dass er selbst von Schlägen niedergestreckt auf dem Boden lag.

Nun sollen nacheinander die drei Angeklagten auf den Kopf des Wehrlosen eingetreten haben. Laut Anklage war er bereits nach dem ersten Tritt bewusstlos. Dennoch folgten offenbar noch weitere Tritte, wobei die mutmaßlichen Täter Ausholbewegungen wie beim Fußballspielen gemacht haben sollen. Ein Angeklagter soll für seinen Tritt eigens Anlauf genommen haben. Auch von Stampfbewegungen auf den Kopf des Opfers ist in der Anklage die Rede. Laut Staatsanwaltschaft bestand "abstrakte Lebensgefahr".

Vor Gericht beschuldigten sich die Angeklagten im Alter von 17, 19 und 21 Jahren teils gegenseitig, wobei ein Beteiligter einen "leichten Tritt" selbst einräumte. Das Opfer leidet seit dem Übergriff an Gedächtnisverlust und kann sich an die Auseinandersetzung nicht mehr erinnern. Für den Prozess sind noch fünf Verhandlungstage angesetzt.

© SZ vom 04.02.2014/tba - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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