Prozess:Streit in der Zelle

Lesezeit: 2 min

Betrunkene verletzt Polizisten, macht ihm aber auch Vorwürfe

Schon bei der Feststellung der Personalien vor dem Amtsgericht fängt die Kinnpartie von Stephanie P. verdächtig zu zittern an. Als dann Staatsanwalt Helmut Dworzak vorliest, dass die 25-Jährige in einer Märznacht auf der Feierbanane der Polizei gegenüber renitent war und einen Beamten getreten haben soll, als sie zur Wache gebracht werden sollte, gibt es kein Halten mehr: Die Studentin heult Rotz und Wasser. Als allerdings Jörg Zürner, ihr Anwalt, den Polizisten fragt, auf welcher Rechtsgrundlage die Frau mitgenommen und drei Stunden in einer Arrestzelle eingesperrt worden sei, gerät der in Erklärungsnot. Außerdem steht die Aussage der Münchnerin im Raum, der Polizist habe sie in der Zelle aufgefordert, ihren BH auszuziehen. Am Ende zieht der Beamte den Strafantrag zurück.

Mit etwa 1,8 Promille war die Lehramtsstudentin alles andere als nüchtern, als sie in der Nacht des 26. März gegen 4.30 Uhr zusammen mit ihrem amerikanischen Freund und dessen Clique nach Hofbräuhaus und Nachtclub bei der Disco Lenbachs & Söhne am Maximiliansplatz ankam. Dort kam es zu einer Rangelei mit dem Türsteher, weil der die betrunkenen Männer nicht in den Club lassen wollte. Einer aus der Gruppe zog sich eine blutende Wunde an der Augenbraue zu, die Polizei wurde alarmiert.

Als der Beamte der Altstadt-Inspektion mit seinem Kollegen ankam, sei die Lage ruhig gewesen, sagt er. Sie haben nur die Personalien aufnehmen wollen, "falls im Nachgang noch was kommt". Dabei habe die Angeklagte immer gestört, sie habe ihre Bekannten immer wegziehen wollen. Da sie auf mehrmalige Platzverweise nicht reagiert habe, habe man sie zum Polizeiauto gebracht, ihr die Hände auf den Rücken gefesselt und sie ins Auto geschoben. Dabei habe sie nach ihm getreten und ihn am Bein erwischt. Eine Schürfwunde war das Resultat. Im Auto sei die Frau dann ruhig gewesen. "Wir haben sie in die Arrestzelle gebracht und Kolleginnen dazu gerufen", sagt der Polizist aus. Dann sei er gegangen.

Bei der Angeklagten klingt das etwas anders. Sie gibt den Widerstand zu, entschuldigt sich dafür und übergibt dem Polizisten 250 Euro Schmerzensgeld. Sie habe sich in der Zelle bis auf die Unterwäsche ausziehen müssen, dann habe der Polizist gesagt, sie solle auch den BH aufmachen. "Da habe ich mich gewehrt und gesagt, dass ich mich vor ihm nicht ausziehen werde", sagt die Studentin. Dann seien ihrerseits Beleidigungen gefallen gegenüber den Beamtinnen, "von ihnen hätte ich mir Unterstützung erwartet".

Die Sache mit dem Ausziehen bleibt ungeklärt, ebenso die Frage, wie verhältnismäßig das Mitnehmen der Frau und ein dreistündiger Arrest waren. Am Ende muss die Angeklagte 400 Euro an ein Mädchen-Hilfswerk zahlen und der Polizist sagt: "Ich glaub Ihnen, dass Sie bereuen."

© SZ vom 09.12.2017 / wim - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: