Prozess:Konzertsaal-Jury darf tagen

Lesezeit: 3 min

Architekt Braunfels verliert seine Klage gegen den Wettbewerb

Von S. Handel, C. Krügel

Jetzt soll alles ganz schnell gehen: Schon Ende Oktober, Anfang November soll eine Jury den Siegerentwurf für das neue Münchner Konzerthaus küren, im Frühsommer 2018 sollen bereits die Bauarbeiten auf dem Gelände im Werksviertel am Ostbahnhof beginnen. "Wir wollen jetzt keine Zeit verlieren", sagt Innenminister Joachim Herrmann (CSU). Als Chef der Obersten Baubehörde des Freistaats sagt er das seit Donnerstagmorgen mit dem Selbstbewusstsein eines Siegers. Denn nach monatelanger Hängepartie steht dem Projekt juristisch jetzt wohl nichts mehr im Wege: Der Vergabesenat des Oberlandesgerichts (OLG) wies eine Beschwerde des Architekten Stephan Braunfels gegen die Auswahl der Teilnehmer am Architekten-Wettbewerb zurück.

Von 206 Büros, die sich für das Projekt beworben hatten, wählte die Baubehörde im vergangenen November 35 Teilnehmer aus. Braunfels war nicht dabei, obwohl er dank seiner Bundestagsbauten in Berlin und der Münchner Pinakothek der Moderne einer der bekanntesten deutschen Architekten ist. Laut Baubehörde kam er bei der Jury auf eine zu schlechte Beurteilung seiner Bewerbung. Der 67-Jährige wollte das nicht akzeptieren und klagte. Er war vor allem unzufrieden mit der Bewertung jener Projekte, die er als Referenzen eingereicht hatte, unter anderem eben die Pinakothek; diese hatte von der Jury nur die zweitbeste Punktzahl erhalten.

Petra Willner, die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht, sagte in der Begründung des Beschlusses, der Senat sehe "den Beurteilungsspielraum der Jury nicht überschritten". Es sei nicht erkennbar, dass die Entscheidung "von sachfremden Kriterien geleitet" gewesen sei. Vor allem aber könne und wolle sich das Gericht "nicht an die Stelle der Gremien setzen". Zu Braunfels' Einwand, die Kriterien der Ausschreibung seien nicht bestimmt genug gewesen, sagte Willner, diese Kritik sei zu spät eingebracht worden, nämlich erst in dem Verfahren vor dem OLG. Weil bei zurückliegenden Entscheidungen, etwa der der Vergabekammer Süd, dieser Punkt nicht Gegenstand des Verfahrens gewesen sei, könne er nun auch nicht mehr geltend gemacht werden. Gegen die Entscheidung des Senats gibt es keine Rechtsmittel mehr.

Stephan Braunfels reagierte auf die Entscheidung "todtraurig", wie er sagt. "Ich habe das kommen sehen. Aber selbst dieses Urteil heißt nicht, dass ich nicht im Recht gewesen wäre. Ich habe nur zu spät die Vergabekriterien gerügt", sagte der Architekt der SZ. Und erneuerte seinen grundlegenden Vorwurf: Die Baubehörde habe subtil Rache an ihm genommen, weil er gegen den Freistaat wegen strittiger Honorarforderungen für die Pinakothek klagt. Braunfels bleibt dabei: "Das Vorgehen bei dem Konzerthaus-Wettbewerb ist schwer mangelhaft."

Davon will Innenminister Herrmann nichts mehr wissen. "Ich freue mich, dass die Misstöne auch offiziell beseitigt sind. Die Bürger erwarten baldige Ergebnisse. Der Architektenwettbewerb wurde lange genug aufgehalten", sagte er. Tatsächlich liegen bereits seit Ende März die Entwürfe der teilnehmenden Büros versiegelt in einem Tresor - ehe es keine juristische Sicherheit über den Wettbewerb gab, durften die eingereichten Unterlagen nicht geöffnet werden. Das passiert nun, die Baubehörde muss alle Vorschläge auf Vollständigkeit prüfen. Das dürfte etwa acht Wochen dauern, so dass um Allerheiligen herum die Juroren zusammentreten könnten. Vorausgesetzt, es finden sich gemeinsame Termine: Denn zu den Jury-Mitgliedern gehören unter anderem Ministerpräsident Horst Seehofer, Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter sowie die Minister Herrmann, Markus Söder und Ludwig Spaenle. Unter den Fachpreisrichtern sind Münchens Stadtbaurätin Elisabeth Merk und viele namhafte Architekten. Den Jury-Vorsitz dürfte der Stuttgarter Architektur-Professor Arno Lederer übernehmen.

Selbst nach einer Entscheidung der Jury ist bis zum Baubeginn noch viel zu klären. So fehlt noch eine genaue Kostenkalkulation; zudem muss zum dann ausgewählten Architekten auch noch der richtige Akustiker gefunden werden. Deshalb dürfte Herrmanns avisierter Baustart im Frühsommer wohl eher bedeuten, dass das Grundstück auf dem früheren Pfanni-Gelände dann für die eigentliche Baustelle hergerichtet werden kann - zumal das Gelände zuvor noch für die Logistik der benachbarten Hotelbaustelle gebraucht wird. Auf dem Areal, das etwa so groß ist wie drei Fußballplätze, soll ein Konzerthaus gebaut werden, das eine Philharmonie für 1800 Zuhörer, einen kleinen Saal mit bis zu 600 Plätzen und einen weiteren Raum mit etwa 200 Plätzen umfasst. Außerdem sollten die Architekten Räume für die musikalische Bildung einplanen.

© SZ vom 11.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: