Prozess:Keiner will's gewesen sein

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In diesem Anwesen in Meiling starb der Hausherr nach dem Einbruch. (Foto: Arlet Ulfers)

Einbrecher von Meiling verstricken sich in Widersprüche

Von Susi Wimmer

Es geht um Mord in Mittäterschaft. Das heißt, dass etwa der, der das Fluchtauto gefahren hat, genauso wegen Mordes verurteilt werden kann wie der, der beispielsweise zugeschlagen hat. Voraussetzung dafür ist, dass sich die Beteiligten vorab einig waren, dass Todesopfer in Kauf genommen werden. Eine Voraussetzung, die Staatsanwältin Karin Jung bei den Angeklagten im Meilinger Mordprozess zugrunde legt. Sie geht davon aus, dass die acht Männer aus Rumänien, die in Österreich, der Schweiz und Bayern in Häuser einbrachen, gewaltbereit waren. Einige von ihnen prügelten in der Nacht auf den 5. September 2015 im Kreis Starnberg einen 72-jährigen Mann und seine Ehefrau in deren Haus halb tot und sperrten sie in eine enge Abstellkammer. Dort erlag der Rentner seinen Verletzungen. Aufgrund des brutalen Verbrechens stehen für die Staatsanwältin auch die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld sowie Sicherungsverwahrung im Raum. Das heißt, einige der Angeklagten, könnten nach 15 Jahren Haft noch lange nicht mit einer Freilassung rechnen.

Der 72 Jahre alte Hausherr wollte an jenem Abend gegen Mitternacht auf der Terrasse nach dem Rechten sehen, weil Hund Lissy angeschlagen hatte. Er wurde zu Boden geschubst, dann sollen vier kräftige Männer mit Holzlatten, einem Schaufelstiel und einer Eisenstange auf ihn eingeschlagen haben. Ein Mann lief ins Schlafzimmer der Ehefrau, 68, versetzte der Schlafenden Faustschläge ins Gesicht, zwang sie, die Verstecke von Bargeld und Schmuck preis zu geben, und verletzte sie mit Tritten schwer. "Ja", da sind sich alle Angeklagten am Tag zwei des Prozesses vor der ersten Strafkammer am Landgericht München II einig: Das tue ihnen schon sehr leid. Sie bedauerten und bereuten, "wir haben Schuld auf uns geladen", sagt einer theatralisch. Aber kein Einziger von ihnen will zugeschlagen haben.

Als erster gibt Mihai C. (55) zu, dass man sich zum Einbrechen zusammengeschlossen habe. Dass man Gewalt anwende, habe dazu gehört, aber man sei nie davon ausgegangen, dass jemand sterben könnte. Er habe weder die Frau noch den Mann geschlagen, versichert er und stellt sich als fürsorglich dar: Er habe den auf der Terrasse liegenden Rentner ins Haus getragen. Die Staatsanwaltschaft sieht das mit den Schlägen anders. Die Tatwaffen wurden sichergestellt, sie stammen vom Grundstück der Opfer. Und an ihnen befinden sich DNA-Spuren.

Auch die "Bewaffnung" mit diesen Gegenständen spricht dafür, dass die Männer nicht nur Freundliches im Sinn hatten. Simion J., der als Fahrer angeheuert wurde, räumt ein, dass man sich immer ältere Leute ausgesucht habe, weil die "leichter einzuschüchtern und in Schach zu halten" seien. Bei dem Haus in Mailing habe man gedacht, dass nur eine ältere Frau alleine zu Hause sei. Als dann gegen Mitternacht ein Mann auf die Terrasse trat, seien alle überrascht gewesen und es sei zum Eklat gekommen. So interpretierte Fahrer Simion J. die aufgebrachten Gespräche der Bandenmitglieder später im Auto.

Als Alin-Mihai M., 35, den Komplizen George I. bezichtigt, zu der alten Frau ins Schlafzimmer gerannt zu sein, will dieser nun doch eine ausführliche Aussage machen. Sie beginnt mit "ich sag die Wahrheit, hier sind zu viele Lügen". Und dann erzählt er, dass sie zufällig vor dem Haus in Meiling eine Autopanne hatten und Wasser benötigten. Da platzt Richter Thomas Bott der Kragen. "Jetzt erzählen sie keine Märchen. Mit der Frage nach Wasser haben sie die Objekte ausgekundschaftet." George I. will auch nicht im Haus gewesen sein. "Wie kommt dann ihre DNA an einen Türrahmen", kontert der Richter. Während I. sich in Widersprüche verstrickt, ziehen es weitere Mitangeklagte vor, zu schweigen oder nur kurze Erklärungen abzugeben. Kommenden Donnerstag sagt ein Ermittler aus.

© SZ vom 18.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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