Prozess in München:Patientin klagt gegen "Monsterärzte"

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Sie war betrunken, erinnert sich aber daran, eingesperrt und mit Valium-Spritzen ruhiggestellt worden zu sein: Eine Münchner Patientin hat 10.000 Euro Schmerzensgeld vom Schwabinger Krankenhaus verlangt. Doch vor Gericht verhält sich die Künstlerin ähnlich aggressiv wie in der Klinik.

Von Ekkehard Müller-Jentsch

"Monsterärzte!" - kein gutes Haar lässt eine Münchnerin an den Medizinern im Schwabinger Krankenhaus, die der hilflos aufgefundenen Frau im Januar 2011 helfen wollten. Sie sei in einen Isolierraum gesperrt und mit Valium-Spritzen ruhig gestellt worden, sagt sie und verlangt nun 10 000 Euro Schmerzensgeld vom Klinikum - wegen massiver Folgeschäden. Ihr eigenes Verhalten bezeichnet die Künstlerin als "Notwehrexzess". Nicht zuletzt wegen ihres bemerkenswerten Auftritts in der mündlichen Verhandlung hat das Landgericht München I die Klage aber abgewiesen.

Mit erheblicher Bewusstseinstrübung sei die Patientin an dem besagten Januarabend im U-Bahnhof Münchner Freiheit aufgefunden worden, sagte damals der Rettungsdienst. Ein Notarzt hatte sie deshalb im Schockraum des Klinikums seinen Kollegen übergeben. Sofort veranlassten die Ärzte eine craniale Computertomografie (CCT), eine Hirnverletzung lag allerdings nicht vor.

In der Notaufnahme kam die Münchnerin, deren Blutalkoholwert bei gut 1,6 Promille gelegen haben soll, dann zu sich. Sie habe sich sofort nackt ausgezogen, wie wild geschrien und das Personal sowie andere Patienten beschimpft, schilderten die Klinikärzte.

Ein Psychologe wurde gerufen. Der ließ die Frau in Polizeibegleitung wegen bestehender Selbst- und Fremdgefährdung ins Klinikum nach Haar bringen. Dort wurde die Patientin aber nicht angenommen. Die Frau versuchte zu entkommen, wurde von dem Beamten aber schon bald zurück ins Schwabinger Krankenhaus gebracht. Nach angeblich erneuter Handgreiflichkeit war ihr dann dort der beruhigende Wirkstoff Diazepam verabreicht worden - sie habe daraufhin bis zum nächsten Morgen geschlafen.

Die klagende Patientin dagegen sagt, dass die Situation nur infolge der überzogenen Anordnung des Arztes so eskaliert sei. Im Gerangel mit der Polizei habe sie Blutergüsse an den Schultern und Schäden an mehreren Zähnen erlitten. Psychisch habe sie den Vorfall bis heute nicht überwunden, leide unter Appetitlosigkeit, Schlaf- und Lustlosigkeit sowie Angstzuständen. Sie befinde sich deswegen in Behandlung.

Die Patientin habe sich nicht mehr in der Hand gehabt

Die Klinikärzte schilderten als Zeugen die Vorgänge von damals ziemlich ruhig. Die Klägerin stellte sich dagegen ganz anders dar, wie das Gericht in seinem Urteil festhält: Die von den Ärzten beschriebene Aggressivität sei auch in der Verhandlung "offenbar" gewesen. Als Medizinrechtskammer erlebe dieses Gericht sehr viele belastete Personen - "das Auftreten der Klägerin im Gerichtssaal war jedoch beispiellos".

Der vom Gericht beauftragte Sachverständige nannte die Situation im Januar 2011 einen "komplizierten oder auch pathologischen Rausch". Die Patientin habe sich nicht mehr in der Hand gehabt und sei nur noch vermindert einsichtsfähig gewesen. Angesichts der Erfrierungs- und Erstickungsgefahr sowie der Gefahren im und für den Straßenverkehr hätten die Schwabinger Ärzte deshalb seinerzeit fehlerfrei gehandelt.

Die Situation sei von ihnen zu diesem Zeitpunkt korrekt als "fremd- und selbstgefährdend" eingeschätzt worden. Zumal auch eine Eskalation der Gesundheitsgefahr nicht auszuschließen gewesen sei. Damit war es sachgerecht, die Patientin zwar gegen ihren Willen aber trotzdem in ihrem Sinne in der Klinik zu behalten, fasste der Sachverständige zusammen.

Das Gericht hat die Klage abgewiesen. Es ist allerdings damit zu rechnen, dass die Betroffene Berufung beim Oberlandesgericht München einlegen wird.

© SZ vom 05.03.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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