Prozess in München:Nach Mord an Rentner: Angeklagter muss lebenslang in Haft

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  • Im Januar 1986 hat ein heute 56-jähriger Mann einen homosexuellen Rentner in München getötet.
  • Das Landgericht München hat den Mann nun zu lebenslanger Haft verurteilt.
  • Der Täter war der Polizei 30 Jahre nach dem Mord nur durch einen Zufall ins Netz gegangen.

Der Angeklagte verdreht kurz die Augen und seufzt, als der Vorsitzende Richter den Beginn des Mordfalles schildert. Der heute 56-Jährige soll am 16. Januar 1986 am Münchner Ostbahnhof als mittel- und obdachloser Stricher auf einen älteren, männlichen Partner gewartet haben, um ihn auszurauben. Das bestritt der Mann im Prozess. In seinem letzten Wort hatte er noch einmal betont: "Ich war nie Stricher. Das ist etwas, was ich am meisten in meinem Leben hasse."

Das spätere Opfer habe ihm angeboten, bei sich zu schlafen - und sei dann sexuell zudringlich geworden. "Er hat mich eigentlich betrogen." Doch das sieht die 1. Strafkammer des Landgerichts München I anders. Es verurteilt den Serben wegen Mordes zu lebenslanger Haft. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Verteidiger will mit dem Angeklagten noch über eine Revision beraten.

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Laut Gericht war der damals 25 Jahre alte Stricher, der auch im Vorfeld bereits als solcher polizeibekannt geworden war, im Januar 1986 mit nach Hause zu dem 80-jährigen homosexuellen Senior gegangen. Allerdings habe er nur vorgegeben, sexuelle Dienstleistungen zu bieten. Stattdessen habe er Bargeld und Wertgegenstände stehlen wollen. Der Rentner habe sich schließlich im Schlafzimmer entkleidet und die sexuellen Dienste eingefordert.

Der Angeklagte habe nicht daran gedacht, sein Versprechen einzulösen - habe aber noch keine Möglichkeit gehabt, etwas aus der Wohnung zu stehlen. "Da beschloss der Angeklagte, den Mann zu töten, um die Wohnung schließlich ungestört zu durchsuchen", sagt der Richter. Deshalb habe der damals 25-Jährige dem 80-Jährigen 26 Mal mit einem Porzellan-Aschenbecher und einem Parfümflakon auf den Kopf geschlagen und ihn tödlich verletzt. Anschließend habe er in aller Ruhe die Wohnung durchsucht, aus der er einen Geldbeutel und einen Schlüssel mitnahm.

Rund 30 Jahre später war der Täter der Polizei 2016 nur durch Zufall ins Netz gegangen: Bei einem DNA-Test wurde eine Übereinstimmung mit den Spuren vom Münchner Tatort festgestellt. Das Gericht erkennt in diesem Fall zwei Mordmerkmale: Habgier und Ermöglichung einer anderen Straftat.

"Der Angeklagte setzte sich in krasser Eigensucht und zur Aufbesserung seiner finanziellen Situation über das Lebensrecht des Opfers hinweg", sagt der Vorsitzende Richter bei der Urteilsverkündung. Die Tat sei ihm auch nicht wesensfremd. Zehn Jahre danach erschlug er nämlich in Belgrad zusammen mit einem Komplizen einen Journalisten. Die Beute war ebenfalls bescheiden. Er erhielt dafür eine 20-jährige Freiheitsstrafe.

© SZ vom 25.11.2017/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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