Prozess in München:Gruppensex mit Minderjährigen

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Er soll ihnen Joints angeboten und sie zum Gruppensex verleitet haben: Ein 44-Jähriger muss sich in München wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern verantworten. Vor Gericht bricht der Angeklagte in Tränen aus - und liefert eine "Schmierenkomödie" ab.

Von Christian Rost

Drei Ausreißerinnen aus dem Gautinger Mädchenheim tauchten im Münchner Bahnhofsmilieu unter und gerieten an die falschen Männer. Die Mädchen verbrachten teils die Nächte bei ihren neuen Bekannten, sollen von ihnen Drogen bekommen haben und zum Gruppensex verleitet worden sein. Dies jedenfalls wirft die Staatsanwaltschaft den Männern vor.

Während gegen einen Beschuldigten noch ermittelt wird, muss sich der andere, der 44-jährige Maher R., seit Dienstag wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern und der unerlaubten Abgabe von Betäubungsmitteln an unter 18-Jährige vor dem Landgericht München I verantworten. Statt sich auf die Verhandlung einzulassen, bot er den Prozessbeteiligten zeitweise ein hysterisches Schauspiel.

Schon als der ehemalige Polizist aus dem Irak von Justizbeamten in den Sitzungssaal der 20. Strafkammer geführt wurde, brach er, von lautem Schluchzen begleitet, in Tränen aus und begann, am Oberkörper zu zittern. Auf die Frage des Vorsitzenden Richters Stephan Kirchinger, was los sei, rief R., dass er in den Irak zu seiner Familie und zu seinen Kindern zurück wolle. Dann schrie er, dass er sich umbringen werde. Der Richter ließ sich von dem Auftritt nicht beeindrucken: "Was Sie hier abliefern, ist eine Schmierenkomödie", sagte Kirchinger und fügte an, dass es klar sei, dass "Ihr Platz auf der Anklagebank hier der unbeliebteste ist".

Maher R. musste also trotz seines theatralischen Gebarens auf dem Platz sitzen bleiben und sich anhören, was ihm Staatsanwalt Georg Decker vorwarf. Währenddessen biss sich R. in die Hand. Laut Anklage hatte er im Januar die drei Mädchen im Alter von damals 13, 15 und 17 Jahren in einer Shisha-Bar in der Nähe des Hauptbahnhofs kennengelernt und in seine Wohnung am Olympiapark eingeladen.

Während sich die Jugendlichen dort aufhielten, soll er ihnen fünf Mal Joints zum Rauchen angeboten haben, was die Mädchen auch annahmen. Die 13-Jährige gab später bei der Polizei an, dass sie bei diesen Gelegenheiten zum ersten Mal Haschisch konsumiert habe und ihr davon übel geworden sei. Nach dem Rauchen habe sie "Fische gesehen", so ihre Schilderung.

Wesentlich schwerwiegender ist allerdings der Vorwurf gegen den 44-Jährigen, dass er drei Mal Geschlechtsverkehr mit der Minderjährigen gehabt haben soll. Zusammen mit seinem Kumpel zeigte er dem Mädchen und ihrer 17-jährigen Freundin in seiner Wohnung ein Pornovideo. Auf Drängen der Freundin habe sich die 13-Jährige schließlich auf Gruppensex mit den Männern eingelassen, so der Staatsanwalt. Das Mädchen habe sich dem Angeklagten gegenüber zwar als 16-Jährige ausgegeben, der Mann, der selbst zwei Kinder im Alter von acht und zehn Jahren habe, hätte aber erkennen müssen, dass sie noch keine 14 Jahre alt sei.

Drei Mal hintereinander hatte R. laut Anklage Geschlechtsverkehr mit ihr, sein Bekannter Amjiat K. hatte offenbar Verkehr mit beiden Mädchen. Die Vorwürfe stritt der Angeklagte ab. "Das stimmt alles nicht", rief er, er sei Opfer eines "Planes" geworden. Was er damit meinte, erfuhr das Gericht nicht mehr, weil die Verteidigerin ihrem Mandanten riet, nichts mehr zu sagen.

Nur noch zu seiner Herkunft äußerte sich R., der sich als psychisch krank bezeichnete und angab, er leide an Epilepsie. In seinem Heimatland Irak habe er nur vier Jahre die Schule besucht und nach dem Sturz des Diktators Saddam Hussein als Polizist gearbeitet. Während seines Dienstes im Grenzgebiet sei er von Terroristen entführt und misshandelt worden.

Nachdem ihn die Regierung mit 20.000 Dollar Lösegeld freigekauft habe, sei er alleine nach Deutschland geflüchtet. Eineinhalb Monate habe das gedauert. Richter Kirchinger fand es bemerkenswert, dass der Angeklagte ohne Hilfe trotz seiner Krankheiten und Verletzungen illegal über mehrere Grenzen gelangen konnte. R. sagte, er habe sich in einem Lkw versteckt.

Die Mädchen mussten selbst nicht vor Gericht erscheinen. Ihren Aussagen, in denen sie die Vorwürfe gegen R. bekräftigten, waren auf Video aufgezeichnet worden. Der Prozess dauert an.

© SZ vom 16.10.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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