Prozess:Gestohlen und ausgeraubt

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Brüder klauen Wagen und nehmen dann Käufer Geld ab

Von Susi Wimmer

Berat B. ist ein höflicher junger Mann. Er steht Richter Stephan Kirchinger bereitwillig Rede und Antwort, drückt sich halbwegs gewählt aus - und er versucht immer, seinen kleinen Bruder zu schützen, und lieber Schuld auf sich zu laden. Berat B., 27, und Bashkim B., 22, sollen Anfang des Jahres in München ein gestohlenes Auto zum Verkauf angeboten haben. Den Interessenten würgten sie dann in dem Wagen, bedrohten ihn mit einer Schreckschusspistole und nahmen ihm den Kaufpreis von 17 500 Euro ab, ehe sie ihn aus dem Auto warfen. Beide Brüder sind verschuldet - und drogenabhängig.

Die Männer sind in Sindelfingen geboren, ihre Eltern sind Kosovaren und Berat und Bashkim B. haben die kosovarische Staatsbürgerschaft. Vielleicht war es schon ein Stück weit vorgezeichnet, dass das Leben der Brüder in Schräglage geriet. Nach massiven Problemen in der Familie kamen sie "ziemlich früh ins Heim", wie der Ältere erzählt. Vor drei Jahren saß Berat B. schon einmal in Haft, wegen räuberischer Erpressung. Er wurde im Sommer 2014 in den Kosovo abgeschoben. "Ich war da noch nie, konnte nicht mal die Sprache", sagt er. Also zahlte er wenige Monate später einen Schlepper und kam zurück nach Deutschland. Er zog zu seiner Freundin nach München und arbeitete in einem Supermarkt, bei der Einstellung zeigte er den Ausweis des jüngeren Bruders vor.

Vermutlich um seine Drogensucht zu finanzieren, klaute der damals 20-jährige Bashkim B. in Sindelfingen einen Mercedes A 200, indem er der Besitzerin die Schlüssel aus dem Spind im Schwimmbad stahl. Zu Besuch in München, wurde der große Bruder auf den Wagen aufmerksam. "Wir wussten nicht, was wir damit machen sollten", sagt er. Dann habe er gesagt, dass er sich schon kümmern werde. Ende 2016 schaltete Berat B. eine Verkaufsanzeige für den Mercedes unter dem Namen "Neil Flanagan" und vereinbarte mit einem 64 Jahre alten Mann aus Bremen einen Verkaufstermin am 11. Januar 2017 in München.

Vom Hauptbahnhof aus wurde der Interessent zur Dietlindenstraße gelotst, dort traf er auf Bashkim B., der Storys erfand, warum der Wagen und die Papiere nicht hier seien. Der Bremer wurde nervös und ungeduldig und schließlich brachte man den Wagen zu einer Tankstelle an der Dietlindenstraße. "Aber dort waren auch Überwachungskameras", erzählt Berat B. Nun ging es um Fahrzeugpapiere und Sommerreifen, die angeblich in Ismaning deponiert seien, und so fuhr das Trio in Richtung Landkreis. Nahe dem Agrob-Gelände in Ismaning würgte Bashkim B. den Kaufinteressenten von hinten, während Berat B. eine Schreckschusspistole zog. Sie schnappten sich die Bauchtasche des Mannes und wiesen ihn an, auszusteigen. Erst einige Kilometer vom Tatort entfernt hätten sie angehalten und geschaut, ob überhaupt Geld in der Tasche war, erzählt der Ältere. Bis zu ihrer Verhaftung etwa einen Monat später hätten sie rund 10 000 Euro für die Begleichung von Schulden und für Drogen ausgegeben. Das Urteil wird am 18. Dezember verkündet.

© SZ vom 02.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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