Prozess:Frei trotz Hafturteil

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Vergewaltiger muss Gefängnisstrafe nicht mehr absitzen

Der Vorgang erscheint auf den ersten Blick ziemlich paradox: Ein 42 Jahre alter Mann wird vom Amtsgericht München wegen Vergewaltigung einer 24-jährigen Frau zu einer Haftstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt - und kann nach dem Urteilsspruch einfach nach Hause gehen. Passiert ist das so im Prozess gegen Arif C. Die Verhandlung gegen ihn sollte eigentlich bereits im Mai 2018 beginnen. Doch es fehlten Blutgutachten sowie Zeugen. Zu diesem Zeitpunkt saß der Mann schon mehr als ein Jahr in Untersuchungshaft. Da die Justiz aber verpflichtet ist, diese so kurz wie möglich zu halten und sich der Prozessbeginn bis Ende Oktober verzögerte, musste der 42-Jährige auf freien Fuß gesetzt werden.

Und er bleibt auch weiterhin frei. Nach der Urteilsverkündung lag es im Ermessensspielraum des Amtsgerichts München, ob Arif C. ins Gefängnis muss oder auf Bewährung freikommt. Richter Vincent Mayr entschied sich für letztere Variante und ließ den Haftbefehl gegen den 42-Jährigen außer Vollzug gesetzt.

Arif C., so hatte die Verhandlung ergeben, war bei der Polizei bereits bekannt, weil er illegalerweise Taxifahrten in seinem Wagen anbot, der lediglich wie ein Taxi aussah, aber keines war. Tatsächlich wollte sich der Straßenbauer mit den Fahrten nur Geld dazuverdienen. So stand er auch in der Nacht auf den 8. April 2017 vor dem Partyareal an der Grafinger Straße und ließ eine 24 Jahre alte Frau einsteigen. Die Krankenschwester hatte mit ihren Freundinnen im Nachtclub zu viele Cocktails getrunken, wollte so schnell wie möglich heim und war der festen Überzeugung, dass sie in einem richtigen Taxi saß.

Auf der Fahrt fing Arif C. an, die teilweise völlig weggetretene Frau zu begrapschen. Schließlich stoppte er und fiel über sie her. Anschließend fuhr er die 24-Jährige noch zu einem Bankautomaten, weil er neben den "Taxikosten" auch noch eine Strafgebühr von ihr verlangte, weil sie sich in seinem Wagen übergeben hatte. Er ließ die junge Frau im Anschluss in Haar aussteigen, sie konnte sich aber das Kennzeichen des Autos einprägen.

© SZ vom 05.12.2018 / wim - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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