Prozess:Frau klagt wegen spielsüchtigem Ehemann

Lesezeit: 2 min

Von Stephan Handel

300 000 Euro soll der Mann verspielt haben, in den staatlichen Spielbanken in Bad Wiessee und in Garmisch-Partenkirchen - obwohl er doch spielsüchtig war und sich sogar selbst hat sperren lassen. Trotz dieser Sperre gelang es ihm aber offensichtlich mühelos, die Zugangskontrollen zu überwinden und sich an den Roulette-Tisch zu setzen. Die Ehefrau des Mannes klagt nun vor dem Landgericht gegen den Freistaat Bayern auf Ersatz des entstandenen Schadens, genauer: auf gut 70 000 Euro; das ist die Summe, die noch nicht verjährt ist.

Beim ersten Termin am Mittwoch wurde schnell klar, dass an eine gütliche Einigung vorerst nicht zu denken ist: Ein Viertel der eingeklagten Summe, gerundet 18 000 Euro, stellte das Gericht in den Raum, traf damit aber weder bei Kläger noch bei Beklagtem auf Widerhall. Der Trick, mit dem sich der Spieler Zugang zu den Spielbanken verschaffte, war relativ einfach: 2003 hatte er die jetzige Klägerin geheiratet und dabei ihren Namen angenommen. Mit diesem neuen Namen gelang es ihm ohne weiteres, die Sperre zu umgehen, die er sich Jahre vorher selbst auferlegt hatte. Das ist genau der Vorwurf der Klägerin: Dass die Spielbanken mehr als lasch kontrolliert hätten; auf dem Ausweis sei doch auch der - gesperrte - Geburtsname gestanden, aber das habe niemanden interessiert. Vielmehr habe ihr Mann dann sogar noch die goldene Vip-Karte der Spielbanken bekommen, offensichtlich auch ohne ausreichende Prüfung, und wenn die nach einem Jahr ihre Gültigkeit verlor, dann lag beim nächsten Besuch schon die neue bereit.

Die Gegenseite, also der Freistaat, hatte in erster Linie ein gewichtiges Argument: dass nämlich die Frau ihren Ehemann bei dessen Spielbankbesuchen begleitet und auch selber gespielt habe - ein leichtes wäre es ihr gewesen, am Einlass auf die Sperrung ihres Mannes aufmerksam zu machen, aber das habe sie nie getan. Verhärtete Fronten also - als das Gericht seinen Vergleichsvorschlag präsentierte, schauten alle so starr in ihre Akten wie Schüler, die auf gar keinen Fall aufgerufen werden wollen.

So wird eine umfangreiche Beweisaufnahme auf das Gericht zukommen - zunächst einmal geht es um die Frage, ob der Mann tatsächlich im pathologischen Sinn spielsüchtig war, was durch ein psychiatrisches Gutachten festgestellt werden muss. Den behaupteten Schaden bestreitet der Freistaat, auch das muss die Klägerin beweisen - ob dazu die "Buchführung" des Mannes reicht, mit Bleistift auf der Rückseite der von ihm gesammelten Briefmarken, muss sich zeigen. Am 22. März geht's weiter.

© SZ vom 09.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: