Prozess:Der Mann mit den 22 Identitäten

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Ein Krankenpfleger eröffnet unter falschen Namen Konten und schließt Mobilfunkverträge ab - und das ging erstaunlich leicht

Von Christian Rost

Ismael C. benutzte für seine Betrügereien 22 Aliasnamen. Das ist eine enorme Zahl, wenn man bedenkt, dass seit seiner ersten Tat gerade mal ein halbes Jahr verging, bis er im Dezember 2015 festgenommen wurde. Der Krankenpfleger hatte mit falschen Papieren bei Münchner Banken Konten eröffnet und diese teils kräftig überzogen. Zudem schädigte er Mobilfunkfirmen, wie er am Dienstag vor der 19. Strafkammer am Landgericht München I einräumte.

Der 29-jährige Angeklagte erschien in weißen Sneakers, verschlissener Jeans und einem dunkelblauen Sakko vor Gericht. Es kennt das Prozedere: Nur wenige Monate, bevor er sich erneut strafbar machte, war er aus dem Gefängnis entlassen worden. Er hatte wegen Eigentums- und Drogendelikten eingesessen. Vor diesem Hintergrund und auch aufgrund der drückenden Beweislast zeigte er sich geständig, nachdem seine Verteidiger Hartmut Lux und Peter Henle mit dem Gericht und der Vertreterin der Staatsanwaltschaft einen Deal ausgehandelt hatten. Ismael C. erwartet demnach eine Haftstrafe von mindestens drei Jahren und neun Monaten und maximal vier Jahren und vier Monaten. Weniger ist laut Gericht nicht drin. "Erst ein paar Monate zuvor waren Sie aus der Haft entlassen worden, dann ging es schon wieder los", sagte die Vorsitzende Elisabeth Ehrl. "Das ist nicht schön."

Der Betrüger schädigte die Banken - darunter die Targo-, die Commerz- und die Postbank - um insgesamt rund 45 000 Euro. Überdies besorgte er sich auf betrügerische Weise Handys und Mobilfunkverträge im Wert von 7000 Euro. Mit den Geräten bezahlte er nach eigenen Angaben einen Bekannten in Hamburg, der ihm gefälschte Gehaltsbescheinigungen des Klinikums Dritter Order oder der München Stift GmbH ausstellte. Von einem anderen Bekannten in München bezog er zum Stückpreis von 2000 Euro portugiesische und französische Pässe, die den Inhabern gestohlen worden waren. Mit den Papieren ausgerüstet, eröffnete C. in München fleißig Konten, wobei ihm in den meisten Fällen ein Dispokredit eingeräumt und eine Kreditkarte ausgehändigt wurde.

Von den Konten hob C. so lange Geld ab, bis die Kreditrahmen beinahe ausgeschöpft waren. Damit seine Betrugsabsicht nicht gleich auffiel, tätigte er auch Überweisungen von Konto zu Konto, um monatliche Einnahmen zu suggerieren. Mit dem ergaunerten Geld habe er einen Landsmann von der Elfenbeinküste bezahlt, der ihm ein Darlehen über 27 000 Euro gewährt habe, als seine Eltern in seiner Heimat in Not geraten seien, so C. Der Geldgeber habe plötzlich auf die Rückzahlung der Summe gedrängt, weshalb er mit den Betrügereien begonnen habe. Seine Frau, die gerade ihr viertes Kind erwartete, wusste von den Taten angeblich nichts.

Richterin Ehrl glaubte dem Angeklagten nicht, dass er nur wegen seiner Schulden kriminell geworden war. "Sie haben auch für sich viel und teuer eingekauft", hielt sie ihm vor. C. musste das bestätigen und stutzte kurz, als die Richterin fragte, bei welcher Bank der Betrug am leichtesten gefallen sei. "Bei allen", entgegnete der Angeklagte mit einem Schulterzucken. Der Prozess dauert an.

© SZ vom 19.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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