Prozess:Biss in den Busen

Lesezeit: 2 min

  • Eine Frau beschuldigt einen Mann, ihr in einem Tanzcafé in den Busen gebissen zu haben und zeigt ihn an.
  • Daraufhin bezichtigt er sie, ihn in den Hals gebissen zu haben.
  • Ein Amtsrichter soll entscheiden, wer die Wahrheit sagt.

Von Ekkehard Müller-Jentsch

"Tanztee", das klingt nach Konfirmandenanzug, Knicks und guter Kinderstube. Was sich aber zwei Tanzpartner derzeit vor dem Amtsgericht gegenseitig vorwerfen, mutet eher an wie Sex und Rock 'n' Roll. Er habe sie bei einer Tanztee genannten Veranstaltung in den Busen gebissen, sagt sie und fordert 1000 Euro Schmerzensgeld. Er weist das zurück und bezichtigt sie im Gegenzug, ihn in den Hals gebissen sowie zum Besuch im Swingerclub aufgefordert zu haben. Das weist sie empört zurück. Nun sollte der Amtsrichter entscheiden, wer die Wahrheit sagt.

Das Tanzcafé, in dem sich die Geschichte abspielte, befindet sich in Haidhausen und ist ein Tanztreff für Paare und Singles "Ü40". Mittwoch ist Damenwahl, die Kontrahenten gehen gerne dorthin. So auch am 13. Mai, in der Nacht zu Christi Himmelfahrt. Die Klägerin sagte vor Gericht, sie habe alleine getanzt. Dann habe der Angeklagte vor ihr gestanden und sie hätten sich gemeinsam zur Musik bewegt.

Wie die Situation eskaliert sein soll

Unvermittelt habe er sie voll in den Busen gebissen - in den sogenannten Angstpunkt. "Also in Höhe des Solarplexus", fragte der Richter ohne seine Miene zu verziehen. Sie nickte. "Ich empfand einen stechenden Schmerz und habe ihm spontan eine Ohrfeige gegeben: ,Spinnst du'?" Der Mann soll gesagt haben: "Jetzt bist du ja richtig wach."

"Ich war sowas von geschockt", sagte die Frau vor Gericht. Sie habe ihm gedroht, ihn "in die Zwölf zu treten, dass du nicht mehr pinkeln könntest". Der Mann habe nur gelacht. Sie habe das Lokal verlassen und am nächsten Tag Anzeige erstattet. Der Mann konterte mit einer Gegenanzeige. Die Staatsanwaltschaft verwies beide auf den Privatklageweg.

Nun, im Zivilprozess um Schmerzensgeld, behauptete der Angeklagte, die Frau habe ihn in den Hals gebissen und dabei eine Hängewarze aufgerissen. Er habe die Warze wegoperieren lassen müssen. Außerdem habe sie ihr Knie immer wieder in seinen Genitalbereich bewegt, "wie beim Lambada", und ihn aufgefordert, mit ihr in einen Swingerclub zu fahren.

Wie die Kontrahenten das Ganze erklären

"Sie geht immer mittwochs ins Tanzcafé, weil dann sie die Männer auffordern kann." Der Angeklagte sagte dem Richter, dass vielleicht ein Tänzer nebenan versehentlich mit seinem Finger ins Dekolleté der Frau gestochen habe. Ihren Schmerz habe er bemerkt: "Sie hat ,Oh' gesagt." Und er meinte etwas kryptisch: "Wenn eine Dame einen Herrn anmacht, dann passiert sowas."

Die klagende Frau erklärte, dass sie nur zum Tanzen in das Lokal gehe: "Ich tanze gegen meine Depressionen, Tanzen ist für mich lebenswichtig." Sie sei nun wieder in therapeutischer Behandlung. Der beklagte Mann wunderte sich, warum sie den angeblichen Biss nicht gleich dem Personal oder später der Polizei gezeigt habe. Klägerinnen-Anwalt Peter Baumann wies das zurück: Seine Mandantin müsse im Lokal nicht den Busen herzeigen. Sie sagte, eine Verletzung habe es nicht gegeben, es sei ein Biss durch die Kleidung gewesen. Und die vom Mann behauptete Halsverletzung "war in Wirklichkeit ein Ekzem". Das Gericht will frühestens im November entscheiden.

© SZ vom 26.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ-Dienst
:SZ München-News per WhatsApp, Telegram oder Insta

Wissen, was München bewegt: Der WhatsApp-Kanal der Süddeutschen Zeitung bietet einen schnellen und bequemen Nachrichtenservice für die Stadt. Abonnieren Sie ihn kostenlos.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: