Programmvorschau:Der Wille zum Spiel

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Im Garten wird Platz für eine Bühne und 100 Zuschauer gemacht. (Foto: Stephan Rumpf)

Das Volkstheater stellt seine Sommerpläne vor

Von Christiane Lutz, München

Es war neben vielen deprimierenden Auftritten diverser Kulturschaffender während der Coronabeschränkungen auf jeden Fall einer der spektakuläreren, den Christian Stückl hinlegte. "Wir wollen spielen", kündigte er vor gut zwei Monaten an. Und jetzt ist es fast soweit: Sie spielen. Stückl hatte mit der Volkstheater-Belegschaft und der Stadt durchgesetzt, die Sommerferien vorzuziehen und Ende Juli in einen kleinen Theatersommer zu starten. Mit der Kraft, die vielleicht nur eine Krise freisetzt, entwickelten Dramaturgen und Regisseure fünf Inszenierungen, die von 24. Juli an im Garten vor dem Volkstheater und auf der großen Bühne gespielt werden, vor je maximal 100 Zuschauern.

Christian Stückl und Kulturreferent Anton Biebl freuen sich sichtlich über diesen kleinen Coup. Die Staatsregierung konnte praktisch gar nicht mehr nein dazu sagen, Hygienekonzept, Abstandsregelungen, alles lag ordnungsgemäß vor. Eröffnen wird den Sommerreigen "Die Goldberg Variationen" von George Tabori (24. Juli). "Darin geht es um einen Regisseur, der ein großes Bibeldrama inszenieren will", sagt Regisseur Stückl und grinst, "das passt doch gut zu mir, dachte ich". Klar, er wollte ja auch ein Bibeldrama inszenieren heuer, die Passionsspiele. Weiter geht es mit "Das hässliche Universum" von Laura Naumann, das Sapir Heller für drinnen inszeniert (29. Juli). Dann folgt Kafkas "Der Bau" in der Regie von Mirjam Loibl, eine beklemmende Erzählung vom Wahnsinn und vom Eingeschlossensein (7. August). Auf eine Weise passe das ja zur gegenwärtigen Situation, sagt sie. Stückl betont, man habe nicht extra was zum Thema Corona machen wollen, aber irgendwie ist es dann eben doch so, dass das alle umtreibt. Auch Regisseur Simon Solberg, bekennender Aerosol-Angsthase. Er nimmt sich Josef Haders "Indien" vor (14. August) und besetzt eine der zwei Rollen mit Carolin Hartmann, die gemeinsam mit Jonathan Müller als Corona-Hygieneprüfer durch die Lande fährt. Am 26. August startet "Probleme Probleme" nach Ingeborg Bachmann. Abdullah Karaca inszeniert die Geschichte von Beatrix, die nur ihre Ruhe von allen gesellschaftlichen Verpflichtungen möchte. Auch etwas, das dem einen oder anderen inzwischen bekannt vorkommen dürfte.

Im Zuschauerraum ist inzwischen jede zweite Reihe ausgebaut, es gibt separate Ein- und Ausgänge, und wie inzwischen üblich dürfen Tickets nur personalisiert verkauft werden. Sie kosten weniger als sonst, 18 oder 25 Euro, weil ja alles kleiner und kürzer sei, sagt Stückl, und die Leute überhaupt mal wieder kommen sollen. Neben dem Theaterprogramm wird es auch Konzerte geben, von Impala Ray (25. Juli), der Hochzeitskapelle (2. August), Ami & Matthew (10. August) und Maxi Pongratz (11. August), sowie ein Kinderprogramm.

Zur vorzeitig beendeten Saison 2019/2020, die ein Defizit von etwa 700 000 Euro hinterlassen habe, mag Stückl nicht viel sagen, lieber schaut er nach vorn und appelliert an Politik und Kunstschaffende, einander zu unterstützen. Die neue Saison ist daher auch noch alles andere als durchgeplant. Fest steht nur eine Adaption von Saša Stanišićs "Herkunft". Und zumindest zuversichtlich sind Stückl und Biebl, dass das Volkstheater wie geplant im Herbst 2021 in seinem nagelneuen Haus auf dem Viehhofgelände starten kann.

© SZ vom 03.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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