Politik während der Pandemie:Gerne in großer Besetzung

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Auf Abstand: Die Bezirksausschüsse haben sich in großen Räumen konstituiert, wie hier auf der Schwanthalerhöhe im Saal der Auferstehungskirche. (Foto: Robert Haas)

Die Chancen stehen gut, dass die Stadtviertel-Gremien während der Corona-Beschränkungen in voller Stärke tagen können. Die Verwaltung unterstützt bei der Raumsuche, sponsert die Miete und hilft mit Mikrofonen aus

Von Berthold Neff

Tagen, diskutieren und entscheiden, ohne sich und andere zu gefährden: Nach diesem Motto wollen die 25 Münchner Bezirksausschüsse (BA) auch während der Corona-Pandemie auf breiter demokratischer Basis beschlussfähig bleiben. Einen Vorgeschmack darauf, wie man sich auch unter diesen erschwerten Bedingungen zusammenfinden kann, gaben die konstituierenden Sitzungen der Stadtviertel-Gremien, die allesamt in großen Räumen stattfanden - im Alten und im Neuen Rathaus, in Turnhallen, Theater- oder Pfarrsälen, in Kulturzentren sowie in den Mensen oder Aulen von Schulen.

Bei dieser Lösung soll es auch bleiben, sobald die am 15. März neu gewählten Bezirksausschüsse in der kommenden Woche mit ihrer regulären Sitzungstätigkeit beginnen. Zwar hat knapp die Hälfte der Bezirksausschüsse für den Fall der Fälle - also dem Wegfall geeigneter Räume - sogenannte Sonderausschüsse eingerichtet, denen in der Regel nur etwa ein Viertel der Mitglieder angehören. Das würde bedeuten, dass viele BA-Mitglieder von der Beratung und der Beschlussfassung ausgeschlossen wären. Gerade für die neu Gewählten wäre dies ein unbefriedigender Start in ihr Ehrenamt gewesen. Es sah zunächst auch danach aus, als würde eine Festlegung auf Sonderausschüsse für die gesamte Zeit der Pandemie-Beschränkungen bindend sein, doch dem ist nicht so. Michael Schlachter, der im städtischen Direktorium für die Angelegenheiten der Bezirksausschüsse zuständig ist, sagte auf SZ-Anfrage: "Die Bezirksausschüsse haben die Möglichkeit, anstelle des Sonderausschusses auch das Vollgremium zu laden und dort dann die Auflösung des Sonderausschusses zu beschließen."

Diese Chance, im Plenum zu tagen, werden wohl alle Stadtviertel-Vertretungen nutzen, sofern sie geeignete Räume finden. Bereits am Dienstag kommender Woche tagen fünf Bezirksausschüsse, allesamt in Plenumsstärke. Je zwei weitere folgen am Mittwoch und am Donnerstag. Selbst für den BA Ramersdorf-Perlach, mit seinen 45 Mitgliedern der größte der Stadt, fand sich ein Raum, nämlich der Saal des Kulturzentrums Trudering.

Sobald Schulen und Sportvereine wieder auf Vollbetrieb schalten dürfen, könnte die Raumsuche schwieriger werden. Das sei, so Schlachter, für das Direktorium eine Herausforderung, die man gemeinsam mit den Bezirksausschüssen lösen wolle. Das Referat für Bildung und Sport stelle "sehr kurzfristig und soweit möglich Schulturnhallen und Aulen zur Verfügung", man werde auch Pfarrsäle oder Kirchen nutzen. Es könnte auch ungewöhnliche Lösungen geben. In einem Dringlichkeitsantrag an Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) fordern die Fraktionen von Grünen und SPD im Rathaus, für solche Sitzungen auch leer stehende Räume von Clubs und Diskotheken anzumieten, deren Betrieb sicher noch für längere Zeit ausgesetzt bleibt.

Schlachter zufolge stellt die Stadt jedem Bezirksausschuss pro Monat etwa 300 Euro für Saalmieten zur Verfügung. Sofern erforderlich, hilft das Kulturreferat mit Mikrofonen und Lautsprechern aus. Es könnte also klappen mit dem Unterfangen, sich die Demokratie von der Pandemie nicht mehr einschränken zu lassen als unbedingt erforderlich. Darauf hatte Andreas Bergmann (Grüne) schon bei der konstituierenden Sitzung des BA Pasing-Obermenzing hingewiesen. Und für den Fall, dass alle Turnhallen belegt sein sollten, hinzugefügt: "Zur Not machen wir einen Stuhlkreis auf dem Fußballfeld, und wenn es regnet, kommen wir morgen wieder."

© SZ vom 23.05.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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