Philharmoniker auf Tour:Eine Symphonie im besten Konzertsaal der Welt

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Auf Annäherungsreise: Dirigent Gergiev und die Münchner Philharmoniker. (Foto: N/A)

Diese Tournee hat etwas von einer Hochzeitsreise: In Tokio treten Dirigent Gergiev und die Philharmoniker in der Suntory Hall auf - und präsentieren eine Symphonie, die lächelt.

Von Egbert Tholl, Tokio

Auf dem Weg zur Suntory Hall steigt man aus dem Lift, und vor einem steht eine Braut. Die Japaner heiraten wie verrückt, die Hotels auf dieser Reise scheinen nur aus zwei Gründen gebaut: Damit die Philharmoniker darin wohnen und Japaner heiraten. Da kommt einem der Gedanke, dass eigentlich auch diese Tournee etwas von einer Hochzeitsreise hat, der von Valery Gergiev mit dem Orchester. Honeymoon in Asien.

Dann probt Gergiev die neunte Symphonie von Schostakowitsch, und allein beim Betreten der Halle Lyndon Watts am Fagott zu hören, ist atemberaubend. Der Klang schwebt im Raum, ohne je diffus zu sein, er ist einfach da, offen, weit, er leuchtet. Die Streicher dazu bezaubern mit seidigem Glanz, unerhörter Eleganz, Grandezza überall. In der Summe eines Klangs ist die Suntory Hall wohl wirklich der beste Saal der Welt, analytisch und warm, er öffnet den Klang und ist doch stets sehr konkret - später, beim Konzert, glaubt man Nobu am Klavier direkt vor sich sitzen zu haben, in Reihe 25! Der Saal schafft solche Intimität - für fast so viele Menschen, wie sie in die Münchner Philharmonie passen.

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"This Symphonie should smile." So erklärt Gergiev die Neunte von Schostakowitsch, und das ist auch der Grund, weshalb er sie hier dirigiert. Die langen, großen, fahlen, politischen, harten und was sonst noch Werke von Schostakowitsch treiben ja oft die Veranstalter in die Flucht. Aber die Neunte hat halt wirklich ein Lächeln, aus dem dann im Konzert im ersten Satz schon eher ein lautes Gelächter wird, in der Folge jedoch eine Beklemmung für Momente einsetzt, im Schauer des zweiten Satzes. Wann ist es lächeln, wann Lachen, wann höhnender Sarkasmus? Alles da. Mit Leichtigkeit.

In der Probe setzt Gergiev auf ein Atmen - "wir brauchen Luft" -, das mit Natürlichkeit dem Sarkasmus Einhalt gebietet, ihn aber nicht verrät. Und dann will er noch ein Horn, das klingt wie die "Morgenröte" - ein seltenes Moment, in welchem Gergiev zu einer Metapher greift. Gut gelaunt natürlich: Als die Morgenröte aber so was von verrutscht, lacht Gergiev, lachen die Musiker, und alles ist gut.

Erst lässt Gergiev in der Probe durchspielen, macht gar nicht viel Bewegung, hört zu und studiert die Partitur, anhand derer er dann die Symphonie zerlegt. Er ist ein unermüdlicher Probierer, und es ist mucksmäuschenstill. Hohe Konzentration, auch wenn sich das, worauf er hinweist, teilweise wiederholt. Aber man muss halt den ganzen feinen, motorischen Kram immer und immer wieder proben. Dann klappt es auch ganz wunderbar - die Folge: ein tolles Konzert.

© SZ vom 02.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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