Pathos Transport Theater:Kein Leben ohne Netzstecker

Lesezeit: 1 min

Handy, Facebook, Twitter - viele verlagern das wahre Leben ins Netz. "Google my goggles" im Pathos Transport Theater persifliert die neue Lebensrealität - mit erkenntnisreichen Schlussfolgerungen.

Egbert Tholl

Handy, Facebook, Twitter. Auch wenn man das als Thema kennt, auch wenn dieses - zum Beispiel - längst zum Gegenstand satirisch eingefärbter Werbung geworden ist, so sind dies doch Teile einer Lebensrealität. Die muss, Gott sei Dank, nicht die eigene sein, aber selbst das komplette Unverständnis für eine virtuelle Sozial-Realität, einhergehend mit der annähernd vollständigen Unfähigkeit, die dafür benötigten technischen Anforderungen zu erfüllen, bewahrt einen nicht davor, von diesem Kram behelligt zu werden.

Und eben diese permanente Aufforderung, nicht Menschen zu treffen und mit ihnen zu reden, sondern ihre digitalen Abdrücke für interessant und das Leben selbst zu halten, belästigt einen ja so sehr, dass man George Clooneys Antwort auf die Frage, ob er bei Facebook sei, hier unbedingt nochmal hinschreiben muss, weil schließlich geht es hier eigentlich um "Google my goggles", einem Theaterabend im Atelier des Pathos Transport Theaters, und damit um Facebook etc. Clooney: "Ich würde lieber live im Fernsehen von einem Paar eiskalter Hände eine Rektaluntersuchung bekommen als eine Facebook-Seite zu haben."

Nun haben nicht alle so viel Widerstandskraft, und Angelika Fink und Anastasia Papadopoulou, die in der Regie von Antje Schupp in einem erdachten Ruhe-Domizil von der Droge der unechten Kommunikation loskommen wollen, bewegen sich dann auch recht schnell am Rande der Hysterie.

Soviel Om können sie gar nicht summen, so viel Feng-Shui-Zauber veranstalten, um nicht doch noch das letzte selbstgewählte Handy-Versteck sofort wieder zu öffnen. Der Verlust des Computers führt zu überdrehtem Wahnsinn, jedes öffentliche Notieren von kleinsten Befindlichkeitsschnipseln ("17.14. Bin da. Alles o.k.") zu depressiver Verstörung, da ist nicht mehr alles "supi", auch mit 158 registrierten Freunden nicht. Doch am Ende, nach langer Stille, ein "hach!", ein aufmunternder Seufzer.

Geht doch noch: Stecker raus, Leben rein. Gut.

© SZ vom 02.10.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: